Comic Review - Wytches Bd. 01
Mit einem Autor wie Scott Snyder muss man auf dem amerikanischen Comic-Markt mittlerweile immer rechnen. Der Mann, der hierzulande vor allem durch seine hochgelobte Arbeit an Batman Bekanntheit erlangte, schreibt abseits dessen mehr oder weniger überraschend eigenständige Geschichten, welchen nicht selten eine immense Aufmerksamkeit zuteil wird. Wie bspw. seinem Comic „The Wake“, für den er sogar mit dem Eisner Award ausgezeichnet wurde.
Ein Erfolg den er u.a. Größen wie Stephen King zu verdanken hat, schließlich sah dieser immenses Potential in dem aufstrebenden Autor und ließ ihn sogar als Co-Autor an seiner Serie „American Vampire“ mitwirken. Nun liegt mit „Wytches“ Snyders neustes Creator-Owned Comic vor, welches in den Staaten bei Image Comics erscheint und hierzulande im schicken Albumformat bei Splitter publiziert wird.
In „Wytches“ bewegt sich Snyder ganz auf den Spuren seines alten Förderers und versucht dem gemeinen Leser seine persönliche Definition von Horror näher zu bringen. „Sailor Rook“ ist ein junges Mädchen im Teenager-Alter, welches an ihrer Schule eine Außenseiterrolle einnimmt. Sie wird gemobbt und regelmäßig fertig gemacht, bis eines Tages jenes Mädchen verschwindet, welches „Sailor“ immer wieder terrorisiert.
Als die Leute anfangen „Sailor“ zu unterstellen, dass sie etwas mit dem Verschwinden zu tun hätte, sehen ihre Eltern keinen anderen Ausweg als umzuziehen, in der Hoffnung all dem entgehen zu können und irgendwo, wo sie niemand kennt, ein neues Leben anzufangen.
Doch leider sollte dies nur Wunschdenken sein, denn „Sailors“ Ruf ist ihr gefolgt, was jedoch bei Weitem nicht das einzige Problem ist, dem sie sich fortan stellen muss, denn ein altes Grauen lauert draußen in den Wäldern von New Hampshire und „Sailor“ hat irgendetwas damit zu tun.
Snyder tingelt mit seiner Geschichte irgendwo zwischen Body-Horror, einer Monsters-of-the-Week-Folge irgendeiner Mysterie-TV-Serie und sogar einem Hauch urbanen Grauens à la Lovecraft ganz im Schatten seines großen Horror-Vorbildes Stephen King. Dabei schafft er es den Schatten überraschend gut auszuleuchten und der dramatischen und vor allem extrem spannenden Geschichte eine Meta-Ebenen-Erzählung zu verpassen, die das Buch nicht gänzlich im Horror-Genre festnagelt. Die Wesen - „Wytches“ - erinnern dabei weniger an Hexen, als an urzeitliche Monster, die seit Äonen im Heimlichen, verborgen vor der Bevölkerung schlummern und ihr Unwesen treiben. Eine Analogie zu „The Wake“ ergibt sich beim Lesen daher von allein.
Mit „Wytches“ belegt Snyder einmal mehr ein Trademark, welches man ihm bereits mehrfach attestierte: das eines äußerst versierten Geschichtenerzählers. Das düstere Artwork von Zeichner Jock erschafft dabei eine wunderbar eigenwillige Befremdlichkeit, welche selbst in den nicht gewalttätigen Szenen noch genügend Schmerz und Brutalität versprüht, wodurch beim Lesen von der ersten bis zur letzten Seite eine permanente Unbehaglichkeit breit macht. Der üppige Splitter Band kommt dazu noch mit viel Bonusmaterial um die Ecke und beinhaltet neben einer mehr als umfangreichen Erläuterung von Autor Snyder auch mit Skizzen, welche die Entstehung des eigenwilligen Artworks näher beleuchten.
Ein gelungener Horror-Comic der sich gekonnt im eigenen Genre suhlt und das schafft, was in letzter Zeit wenig Genre-Vertreter schafften: den Leser extrem gut zu unterhalten.
Titel: Wytches Bd. 01
Verlag: Splitter
Format: Hardcover
Vö-Datum: 01.05.2016
Originalausgaben: US Wytches Vol. 01
Seitenzahl: 192
Autor: Scott Snyder
Zeichner: Jock
Preis: 24,99 €(Cover Copyright: Splitter Verlag)
Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.