BizzaroWorld Comic-Highlights 2020: ein persönlicher Jahresrückblick

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BizzaroWorld Comic-Highlights 2020: ein persönlicher Jahresrückblick
© DC Comics | Logo by Nic Klein

Es ist mal wieder soweit, das Jahr neigt sich dem Ende und viele Leser*innen fragen in immer kürzeren Abständen nach meinen persönlichen Comic-Highlights des Jahres.

Bei all dem Stress mit Kind und Kegel hatte ich diesen mittlerweile schon beinahe traditionellen Beitrag zum Jahresende gar nicht mehr auf dem Schirm bzw. hatte ich nicht vor, ihn noch in diesem Monat zu verfassen, sondern möglicherweise erst Anfang Januar.

Da ich aber meiner Frau von euren Mails und Nachfragen im DISCORD-Server berichtete - ja, sowas mache ich tatsächlich gelegentlich - gab es auch eine innerfamiliäre Rüge, dass ich den Beitrag dann doch endlich mal auf den Weg bringen solle. So sei es. Bedankt euch bei meiner besseren Hälfte, das letzte Wort gehört ohnehin ihr.

Bevor es mit den Comics losgeht, sei euch, meine lieben Leser*innen und getreue Podcast-Hörerschaft, noch einmal ein herzlicher Dank ausgesprochen. Danke für das Lesen, Kommentieren, Diskutieren und Supporten in jeglicher Art. Ohne all diese Resonanz und Unterstützung wäre dieser Blog nicht möglich und ich hätte weit weniger Spaß an dem, was ich hier tue.

Ich wünsche euch nur das Beste, in den aktuellen Zeiten vor allem Gesundheit und natürlich ein zauberhaftes Weihnachtsfest, das von einem wunderbaren Start ins kommende Jahr begleitet wird.

Wie in jedem Jahr noch einmal die Anmerkung, dass es sich bei der nun folgenden Liste nicht um eine pseudojournalistische Bestenliste handelt, sondern um meine persönlichen, vollkommen subjektiven Comic-Highlights, welche mich 2020 am meisten begeistern und unterhalten konnten.

Sollten also eurer Meinung nach diverse Titel fehlen, die zwingend hier hätten genannt werden müssen, habe ich sie entweder nicht gelesen oder war schlicht anderer Meinung. That’s it, damit müssen wir leben.

Die Nennung der Titel erfolgt in keiner signifikanten oder wertenden Reihenfolge. All diese Comics gefielen mir in diesem Jahr schlicht so gut, dass ich euch das Lesen wärmstens ans Herz legen kann und will.

Viel Spaß... und bleibt gesund!

Art: Wes Craig © Image Comics

Deadly Class“ von Rick Remender, Wes Craig, Jordan Boyd u.a. (Image Comics | Cross Cult)

Mein Schwärmen zu Rick Remenders und Wes Craigs „Deadly Class“ nimmt so langsam repetitive Ausmaße an, I know. Dennoch wird es bei mir wohl keine Favoritenliste mehr ohne diesen Comic geben, solange die Reihe auf diesem sich immer wieder neu definierenden Niveau erscheint. Und das schafft der Comic noch immer, nach ganzen 44 US-Ausgaben.

Das überdrehte LSD-Coming-Of-Age-Drama aus der Giant Generator Schmiede stellt mit Abstand einen der besten Image Comics respektive Cross Cult Titel dar, die man sich aktuell unter den Nagel reißen kann, denn mit jeder neuen Ausgabe zeigen Remender, Craig und Co. was für wahnsinnig gute Erzähler und Visualisten sie doch sind.

Hier stehen großartige Zeichnung, glaubhafte Figuren und ein exzellenter Schreibstil im Vordergrund, wenn Marcus Lopez und seine Freunde neue verhängnisvolle Geschichten an der King‘s Dominion Akademie für heranwachsende Profikiller erleben. Ein gesellschaftliches Spiegelbild der Popkultur der 80er-Jahre und ein Pflichttitel für jede Comicleser*in.

Art: Dustin Nguyen © Image Comics

Ascender“ von Jeff Lemire & Dustin Nguyen (Image Comics | Splitter Verlag)

Mit ihrer erfolgreichen Science-Fiction-Saga „Descender“ konnten Comic-Überflieger Jeff Lemire und Zeichner Dustin Nguyen nicht nur Preise ohne Ende einheimsen, sondern auch geneigte Leser*innen über einen langen Zeitraum von sich überzeugen.

Über ganze 32 Hefte bzw. 6 Sammelbände ging die Reise vom kleinen Roboter TIM-21, Andy und Co. durch das All, bis die Harvester alles auf Null setzten.

Mit „Ascender“ setzen wiederum die beiden Macher die Geschichte fort, um der Handlung gleichermaßen auch eine neue Richtung zu verleihen. Gut 10 Jahre sind seit den Ereignissen von „Descender“ vergangen, wenn die junge Mila auf ihrem Heimatplaneten Sampson eine grauenvolle Erfahrung machen muss, die ihr gesamtes Leben verändern wird.

Lemire und Nguyen switchen den Fokus und lassen deutliche Fantasy-Elemente in ihre Sci-Fi-Handlung und -Darstellung einfließen, was dem Worldbuilding ungemein frischen Wind einhaucht.

Erzählerisch bleibt alles auf dem gewohnt hohen Niveau, wie es ein Lemire nun mal liefert, will heißen: man hängt mit jedem Panel an der Geschichte.

Art: Alex Ross © Marvel

Immortal Hulk“ von Al Ewing & Joe Bennett (Marvel | Panini Comics)

Jap, „Immortal Hulk“ oder mit dem deutschen Titel „Bruce Banner: Hulk“ dürfte aktuell wohl eine der interessantesten Marvel Publikationen sein. So eigenwillig verschachtelt, tiefgründig, emotional und ja, auch menschlich hat man wohl seit Jahrzehnten keine Geschichte mehr um den grünen Gamma-Goliath aus dem Haus der Ideen lesen können.

Dazu kommt das brachiale Artwork von Zeichner Joe Bennett, der mit seinen monströsen Splash-Pages (das war ganz bewusst ausgedrückt) nahezu faszinierend schaurige Illustrationen schafft und immer wieder verdeutlicht, dass dieser vermeintliche Superheldencomic wohl eher ein Horror-Comic um eine mehr als tragische Figur ist, die keinerlei Erlösung aus ihrem Elend zu erwarten hat.

Autor Al Ewing baut einen beängstigend großen Plot auf und hat es selbst nach über 40 US-Ausgaben noch immer nicht geschafft, langweilig zu werden. Mit den deutschen Veröffentlichungen hängen die Paninis leider etwas hinterher und lieferten mit dem aktuell fünften Sammelband der Reihe die US-Ausgaben #21 bis 25.

Eine der stärksten Serien, die Marvel aktuell zu bieten hat und für mich mit jeder neuen Ausgabe ein kleines Highlight.

Art:  Sana Takeda © Image Comics

Monstress“ von Marjorie Liu & Sana Takeda (Image Comics | Cross Cult)

Auch wenn in diesem Jahr keine deutschsprachige Veröffentlichung von „Monstress“ bei Cross Cult anstand - das letzte Paperback erschien vor gut einem Jahr - ging die Reihe in den Staaten dennoch mit dem neusten Story-Arc weiter.

Nach der mehr oder weniger schmerzhaften Auseinandersetzung mit ihrem vermeintlichen Vater ziehen Maika Halbwolf und ihre Anhänger auf das Schlachtfeld, um sich der Föderation und sich den Inquisitrix der Cumaea entgegenzustellen. Der Krieg ist da und die Waffe, die einst ganz Constantine zerstörte, könnte wieder entfesselt werden.

Monstress“ aus der Feder von Marjorie Liu und Sana Takeda ist und bleibt eine der stärksten Comicreihen, die der US-Markt gegenwärtig zu bieten hat. Ein unvergleichliches Worldbuilding, großartige Figuren, stark erzählt und atemberaubend gezeichnet. An diesem Comic hängt mein Herz mit jeder neuen Ausgabe.

Der in diesem Jahr auf dem US-Markt erschienene Story-Arc steht bei Cross Cult nach aktueller Planung im April 2021 an. Wer sich also bisher noch nicht daran versucht hat, kann in den vier Monaten bis dahin die bisherigen vier Paperbacks aufholen... und sollte dies auch tun.

Ganz vorsichtige Leser*innen dürfen sich bei ComiXology die erste, mit gut 70 Seiten überformatige US-Ausgabe gern kostenlos anschauen.

Art Marcos Martin & Muntsa Vicente © Panel Syndicate

Friday“ von Ed Brubaker, Marcos Martin & Muntsa Vicente (Panel Syndicate)

Panel Syndicate ist eine Online-Plattform für digitale Comics, welche von „Saga“ Autor Brian K. Vaughan und Zeichner Marcos Martin geschaffen wurde. Darüber veröffentlichten neben Vaughan und Martin selbst bisher auch Kreative wie Ken Niimura, Donny Cates oder Alex de Campi ihre Comics, welche meist (!) exklusiv dort erscheinen.

In diesem Jahr starteten auch Comic-Gigant Ed Brubaker, eben besagter Marcos Martin und Muntsa Vicente mit ihrer neuen Comicserie „Friday“ für die Plattform.

Im Zentrum der Handlung stehen die junge Friday Fitzhugh und ihr eigenwilliger Freund Lancelot Jones, welche ihre Kindheit damit verbrachten, Verbrechen und okkulte Phänomene aufzuklären. Doch alles hat einmal ein Ende und als Friday aufs College geht, scheint die Beziehung der beiden eine Art Stillstand erhalten zu haben.

Als Friday in den Weihnachtsferien nach Hause kommt, um mit Lancelot endlich reinen Tisch zu machen, wird sie jedoch umgehend wieder in die mystischen Sphären ihrer Jugend gezogen und muss sich einem neuen Abenteuer stellen.

Brubaker, Martin und Vicente erzählen mit „Friday“ eine Herzensgeschichte frei von jeglichen redaktionellen Einflüssen. Dass Ed Brubaker ein begnadeter Erzähler ist, muss niemandem mehr bewiesen werden. Kombiniert mit den wunderschönen Zeichnungen Marcos Martins dürfte dies dann auch das letzte Kaufargument aussprechen.

Zwei Ausgaben sind bisher über Panel Syndicate erschienen, die bei mir so viel Eindruck hinterlassen haben, dass sie unbedingt hier erwähnt werden mussten.

Den Kaufpreis für die jeweiligen Ausgaben bestimmt ihr im Übrigen selbst. Ihr entscheid also, wie sehr ihr diese herausragende Arbeit finanziell unterstützen wollt. Just sayin’.

Art: Mitch Gerads © DC Comics

Strange Adventures“ von Tom King, Mitch Gerads & Evan Shaner (DC Comics)

  • startet im April 2021 bei Panini Comics

Obwohl DC-Autor Tom King seine Autorenschaft an der monatlichen „Batman“ Serie aufgeben musste, ist der Mann nach wie vor sehr umtriebig. Und das vor allem mit dem Format, das ihm besonders liegt: Maxi-Comic-Serien, angelegt auf ca. 12 Einzelausgaben.

Mit Reihen wie „The Sheriff of Babylon“, „Omega Men“, „The Vision“ oder auch „Mister Miracle“ bewies er genau dies und sammelte einen Eisner Award nach dem anderen ein. Gegenwärtig schreibt er ganze drei solcher Maxi-Serien für den US-Publisher aus Burbank, Kalifornen.

Neben „Batman/Catwoman“ und „Rorschach“ ist seine „Strange Adventures“ Serie die bisher am meisten vorangeschrittene. Und bisher auch lesenswerteste.

<Spoiler...

Adam Strange ist der Held von Rann, der den Planeten erfolgreich gegen die Invasion der verhängnisvollen und heimtückischen Pykkts verteidigen konnte. Doch diese Schlacht ist lange her und mittlerweile lebt Adam mit seiner Frau Alanna auf der Erde und führt ein Leben, wie es sich für einen altgedienten Helden gehört: man schreibt Bücher über die eigenen Taten und lehnt sich zurück.

Doch dies alles könnte nur eine Fassade sein, die langsam zu bröckeln beginnt, denn es werden Rufe laut, dass Strange möglicherweise überhaupt nicht so heroisch ist, wie es von ihm selbst dargestellt wurde und er sich sogar an Kriegsverbrechen schuldig gemacht haben könnte. Als dann noch ein unliebsamer Leser seines Buches zu Tode kommt, schaltet sich die Justice League ein.

<Spoiler, Ende.

An diesem Comic muss man bisher kaum herumdiskutieren. Wer Titel wie „The Vision“ oder „Mister Miracle“ gelesen hat und lieben lernte, kommt hieran nicht vorbei.

King schreibt gewohnt verschachtelt und in unterschiedlichen Zeitebenen verwoben. Visuell liefern die Zeichner Mitch Gerads und Evan Shaner eine absolut herausragende Arbeit.

In den USA sind wir aktuell auf dem Stand von 7 von 12 Ausgaben. Hier im Deutschen startet der erste von zwei Sammelbänden im April bei Panini Comics.

Art: Werther Dell’Edera © BOOM! Studios

Something is Killing the Children“ von James Tynion IV, Werther Dell’Edera & Miquel Muerto (BOOM! Studios | Splitter Verlag)

Der aktuelle „Batman“ Autor James Tynion IV zählt nicht gerade zu meinen Lieblingsautoren, soviel muss ich gestehen. Primär seine Superheldenarbeiten als Backup-Schreiber für Scott Snyder fielen mir bisher mir als äußerst generisch und wenig eindrucksvoll auf.

Doch musste ich in diesem Jahr auch die Erfahrung machen, dass der Mann ein deutlich anderes Kaliber bereithält, wenn es um seine Creator-Owned-Serien geht, von denen bei mir gleich zwei Titel hängen geblieben sind.

Die in den Staaten über BOOM! Studios veröffentlichte Reihe „Something is Killing the Children“ läuft seit diesem Jahr auch beim Splitter Verlag und zündete bei mir gleich mit der ersten Ausgabe.

Die simpel konstruiert anmutende Monster-Horror-Story um die charismatische Erica Slaughter liefert jedoch genügend tolle Charaktermomente sowie Supsense-Elemente, dass mir der Comic samt der toll gestalteten Optik immer wieder gern auf den Lesestapel wandert. Schaut euch dazu mal den Trailer zum Comic vom Verlag an.

Art: Martin Simmonds © Image Comics

The Department of Truth“ von James Tynion IV & Martin Simmonds (Image Comics)

  • bisher keine deutsche Veröffentlichung

Zusammen mit Zeichner Martin Simmonds startete Tynion IV in diesem Jahr zudem mit der Serie „The Department of Truth“ für Image Comics und widmet sich darin dem Thema Verschwörungsideologien auf recht kreative und interessante Weise, was dem Comic eine überaus deutliche Aktualität verleiht und das mehr als auf nur einer Ebene.

Martin Simmonds liefert dafür auch ein ziemlich extravagant düsteres Artwork, welches geneigte Leser*innen wunderbar aus dem Trott der glattpolierten Superheldentitel herausholt.

Eine finstere Weltpolitik-Story mit übernatürlichem Charme. Sollte getestet werden. Eine deutschsprachige Veröffentlichung ist nach aktuellem Stand jedoch nicht in Sichtweite.

Art: Chris Samnee & Matt Wilson © Image Comics

Fire Power“ von Robert Kirkman, Chris Samnee & Matt Wilson (Image Comics)

Robert Kirkman ist immer ein Garant für das Unberechenbare in der US-Comicwelt. Mehr oder weniger. Nach der Beendigung seiner langjährigen Superhelden-Saga „Invincible“ und dem überraschenden Ende seiner Zombie-Oper „The Walking Dead“ hatte der Autor vermutlich Zeit für 1-2 neue Projekte.

Eines davon ist das mit dem überaus talentierten Zeichner Chris Samnee umgesetzte Martial-Arts-Highlight „Fire Power“. Kirkman, Samnee und Kolorist Matt Wilson eröffneten die Story mit einer Graphic Novel der noch am selben Tag der Veröffentlichung eine erste Ausgabe der dazugehörigen Ongoing-Serie folgte.

Dies begründeten die Macher damit, dass man den Leser*innen mit der OGN die Möglichkeit bieten wollte, Welt und Figuren kennenzulernen und so für sich entscheiden zu können, ob man der gleichzeitig startenden Reihe folgen wolle oder eben auch nicht.

Fire Power“ präsentierte sich dabei als unterhaltsamer, wie üblich versiert geschriebener und extrem toll gezeichneter Martial-Arts-Krimi, irgendwo zwischen „Marvel’s Iron Fist“ und „Dragonball“.

Die Serie startet bereits im kommenden Monat mit dem ersten Band bei Cross Cult in deutscher Übersetzung. Nicht verpassen!

Art: Olivier Coipel © Marvel

Thor“ von Donny Cates, Nic Klein & Matt Wilson (Marvel | Panini Comics)

Mit dem Abgang von Jason Aaron als langjähriger Thor-Autor machten sich viele Leser*innen Sorgen, ob Marvel mit einem neuen Kreativteam das Niveau halten können würde.

Autor Donny Cates gilt mittlerweile als Shooting-Star im Haus der Ideen, was seinen Projekten viel Beachtung einbringt. Zusammen mit Zeichner Nic Klein liefert er an der neu gestarteten „Thor“ Serie einen abermaligen Beweis dafür, dass die Beachtung nicht unverdient ist.

Cates spannt bereits mit dem ersten Story-Arc einen großen Bogen für die Zukunft der Figur und zeigt, dass er auf lange Sicht plant. Die Story um den Weltenverschlinger Galactus erweist sich dabei so episch wie gleichermaßen Rock ’n’ Roll und wird durch Kleins Artwork und Matt Wilson exzellente Farbgebung epochal schön eingefangen.

Panini Comic brachte in diesem Spätherbst mit dem ersten Sammelband zur neuen Serie auch gleich den ersten großen Story-Arc in einer Ausgabe. Für mich ein klares Highlight im aktuellen Marvel-Portfolio.

Art: Ramon Pérez © Image Comics

Stillwater“ von Chip Zdarsky, Ramon Pérez & Mike Spicer (Image Comics)

  • bisher keine deutsche Veröffentlichung

In Sachen US-Comics muss man Autor Chip Zdarsky momentan einfach auf dem Schirm haben. Bereits im letzten Jahr hat er u.a. mit seiner zweiteiligen Mini-Serie „The White Trees“ wieder einmal aufgezeigt, dass er nicht nur Superhelden schreiben kann. Seine exklusiv für ComiXology verfasste OGN „Afterlift“ wurde in diesem Jahr dann sogar mit einem Eisner Award prämiert.

Darüber hinaus legte er zusammen mit den Zeichnern Ramon Pérez und Mike Spicer mit der Indie-Serie „Stillwater“ für Skybound respektive Image Comics los und erzählt die Geschichte von Daniel West, der sich aus vermeintlich zufälligen Gründen in das kleine Städtchen Stillwater verirrt, in das niemand - warum auch immer - zu sterben scheint.

Die Dinge eskalieren schnell und Daniel muss auf schmerzhafte Weise erfahren, dass seine eigene Vergangenheit eng mit dem mysteriösen und auch gefährlichen Ort verbunden ist.

Suspense, etwas Horror, tolles Artwork und ein extrem spannend geschriebener Plot schaffen es innerhalb weniger Ausgaben voll und ganz zu überzeugen. Ein heißer Tipp für unsere heimischen Verlage, die noch auf der Suche nach einem qualitativen US-Titel für das eigene Portfolio sind. Just sayin’.

Art: Ian Bertram © Image Comics

Little Bird“ von Darcy Van Poelgees, Ian Bertram & Matt Hollingsworth (Image Comics | Cross Cult)

Little Bird“ dürfte in diesem Jahr bei so einigen Leser*innen auf den Bestenlisten gestanden haben. Zurecht. Die von Darcy Van Poelgees, Ian Bertram und Kolorist Matt Hollingsworth umgesetzte Story konnte schlicht durch ein extravagantes Worldbuilding, eine tolle Geschichte und atemberaubende Zeichnungen überzeugen und dafür sogar einen Eisner Award für die beste Mini-Serie einheimsen. Auch das zurecht.

Cross Cult veröffentlichte Van Poelgees’ Debüt als Comicautor (kein Witz!) in einer überformatigen Hardcover-Edition, welche die tollen Zeichnungen noch einmal besonders schön hervorheben konnte.

Eine wunderschöne aber auch brutale wie traurige Schicksals-Story irgendwo zwischen Endzeit, Gesellschafts- und Religionskritik. Letztendlich ein großartiger Comic, den man nicht liest, sondern erlebt und an dem 2020 kein Weg vorbeiführte.

Art: Marco Checchetto © Marvel

Daredevil“ von Chip Zdarsky, Marco Checchetto, Jorge Fornés u.a. (Marvel)

  • bisher keine deutsche Veröffentlichung

Ja, ich weiß, die Nennung von „Daredevil“ dürfte jetzt für so manche Deutschleser*in einem Stich ins Herz gleichkommen, wird die Serie seit den katastrophalen Verkaufszahlen der vorangegangen Serien bei Panini Comics aktuell doch nicht in deutscher Übersetzung verlegt.

Dennoch, der bereits erwähnte Autor Chip Zdarsky liefert seit seiner Übernahme der Figur nun mal ein Brett von einem Streetlevel-Superheldencomic ab und kann durch die Bank überzeugen.

Mit den zwar visuell etwas konträr laufenden aber nicht minder talentierten Zeichnern Marco Checchetto und Jorge Fornés hat er auch zwei absolute Spezialisten als Zeichner für einen Großteil der bisherigen Ausgaben dabei gehabt und es bleibt zu hoffen, dass Panini Comics sich irgendwann noch einmal durchringt und diese Serie nach Deutschland holt.

Denn was Zdarsky hier abliefert ist der beste Daredevil-Output seit dem hochgelobten Ed Brubaker Run... und der ist mittlerweile schon wieder einige Jahre her.

Art: Rafael Albuquerque & Dave Stewart © Dantes Verlag

Eine Studie in Smaragdgrün“ von Neil Gaiman, Rafael Albuquerque, Rafael Scavone & Dave Stewart (Dark Horse Comics | Dantes Verlag)

Die von Rafael Albuquerque, Rafael Scavone und Dave Stewart umgesetzte Adaption von Neil Gaimans „Eine Studie in Smaragdgrün“ punktete bei mir und meinen beiden besseren Dritteln vom POW! Podcast in diesem Jahr ganz besonders.

Eigentlich erschien der Comic bereits vor einigen Jahren in den Staaten über Dark Horse Comics, doch wurde eine deutschsprachige Ausgabe erst in diesem Jahr über den Dantes Verlag realisiert. Vielen Dank dafür.

In dieser Geschichte kreuzen sich erstmals die Wege zweier mehr oder weniger bekannter Figuren aus Londons Baker Street, wobei es ein Mediziner und Afghanistan-Veteran mit einem Detektiv zu tun bekommt, welcher die Kunst der Deduktion bis ins kleinste Detail zu beherrschen vermag.

Neil Gaiman vermischte mit seiner Kurzgeschichte „A Study in Emerald“ die Welt von Sherlock Holmes mit dem Cthulhu-Mythos H.P. Lovecrafts und arbeitete eine Story aus, deren Plot-Twist zum Ende mir noch heute in den Knochen sitzt.

Die atemberaubend schön adaptierte Graphic Novel zur Story von eben Albuquerque, Scavone und Stewart wurde der Vorlage mehr als gerecht und gehörte in diesem Jahr einfach auf jeden Einkaufszettel. Punkt.

Art: Phil Hester, Eric Gapstur & Ryan Cody © Image Comics

Family Tree“ von Jeff Lemire, Phil Hester, Eric Gapstur & Ryan Cody (Image Comics)

Jeff Lemires, Phil Hesters, Eric Gapsturs und Ryan Codys „Family Tree“ startete bereits im November 2019 für den US-Verlag Image Comics und brachte es seit dem auf schlichte 10 Single Issues, die bis heute erschienen sind.

Die Geschichte setzt damit an, dass ein 8-jähriges Mädchen beginnt, sich ohne erklärlichen Grund in einen Baum zu verwandeln und einer Familie, die mit der Situation nicht nur überfordert ist, sondern auch noch vor einer Horde Fanatiker quer durch die USA fliehen muss, die versuchen, das Mädchen in die Hände zu bekommen.

Ein Horror-Comic mit hohem Action-Anteil und Endzeit-Szenarium präsentiert einen typischen Jeff Lemire, der hier eine Menge „Sweet Tooth“ Vibes liefert. Nahezu jede Ausgabe liefert zudem einen Cliffhanger, größer als in der Ausgabe zuvor.

Splitter bringt die Serie ab Juni 2021 erstmals in deutscher Übersetzung. Das Tolle ist: Band Nr. 2 ist bereits für September 2021 gelistet.

Art: Michael Lark © Image Comics

Lazarus: Risen“ von Greg Rucka & Michael Lark (Image Comics | Splitter Verlag)

Ebenfalls in diesem Jahr startete mit „Lazarus: Risen“ die Nachfolgerserie von Greg Ruckas und Michael Larks dystopischen Image-Hit „Lazarus“ beim Splitter Verlag.

Während die ursprüngliche Reihe in den Staaten noch monatlich erschien und die Bielefelder somit genügend Futter hatten mehrmals im Jahr mit neuen Ausgaben zu glänzen, kommt „Lazarus: Risen“ im Original nur quartalsweise mit übergroßen Einzelausgaben in die US-Shops.

Somit dauert auch die deutschsprachige Veröffentlichung seine Zeit und obwohl der erste Splitter-Band lediglich 3 US-Ausgaben vereint, kommt er dennoch auf eine stattliche Seitenanzahl.

Inhaltlich setzt die Serie gut zwei Jahre nach den Ereignissen aus „Lazarus“ und „Lazarus X+66″ an und erzählt die Geschichte um Forever Carlyle, dem neuen Familienoberhaupt Johanna Carlyle und dem neuen Nachwuchs-Lazarus Eight und gießt die Story abermals in ein wunderbar stimmiges Korsett, irgendwo zwischen „Game of Thrones“ und „Metal Gear Solid“.

Greg Rucka zählt für mich seit Jahren zu den besten Erzählern der US-Comic-Branche. „Lazarus“ und „Lazarus: Risen“ zeigen abermals, warum dem so ist.

Art: Gabriel Hernández Walta © TKO

Sentient“ von Jeff Lemire und Gabriel Hernández Walta (TKO)

In den Staaten erschien Jeff Lemires und Gabriel Hernández Waltas „Sentient“ eigentlich bereits 2019, doch wanderte der Comic erst in diesem Jahr in meinen Einkaufskorb. Daher soll auch hier dazu Erwähnung gefunden werden.

Die zu der Zeit für den neu gegründeten Publisher TKO entworfene und auch abgeschlossene Graphic Novel liefert eine emotionale, wie spannende Sci-Fi-Story, welche eine Gesellschaft präsentiert, deren Planet vor dem Untergang steht. Die Menschen haben die Erde an den Kollaps geführt und verlassen unsere blaue Kugel nun in Scharen, um in den Weiten des Alls neue Siedlungen aufzubauen.

Doch bereits in den Anfangstagen der Neubesiedelung gibt es Rebellionen und Splittergruppen, die terroristische Attentate vollziehen, was mitunter dazu führt, dass bald eine Gruppe Kinder mutterseelenallein zusammen mit der recht vermenschlichten KI Valerie im All umhertreiben und versucht, die Kinder am Leben zu halten.

Man kann diverse Philip K. Dick-sche Reminiszenzen von der Menschlichkeit künstlicher Intelligenz nicht verleugnen und bekommt dies in einem für Jeff Lemire obligatorisch qualitativen Plot, samt hervorragender Zeichnungen von „The Vision“ Künstler Gabriel Hernández Walta präsentiert.

Der Comic erscheint im Übrigen jetzt Ende Januar bei Panini Comics abgeschlossen im Paperback und sollte zwingend auf eurer Liste stehen.

Art: Lukas Kummer © Zwerchfell

Prinz Gigahertz“ von Lukas Kummer (Zwerchfell Verlag)

Der deutsche Comickünstler und mittlerweile mehrfache ICOM-Preisträger Lukas Kummer gehört bereits seit seinem unvergleichlichen Comicdebüt „Die Verwerfung: eine Geschichte aus dem Dreissigjährigen Krieg“ (ebenfalls bei Zwerchfell) zu der Garde an Künstler*innen, bei der ich immer hellhörig werde, wenn sie etwas Neues auf die Leserschaft loslassen.

In diesem Jahr lieferte er seinen High-Fantasy-Cyberpunk-Comic „Prinz Gigahertz“ als abgeschlossene Graphic Novel, die für mich den interessantesten Genre-Mix des Jahres darstellte.

Eine märchenhafte Postapokalypse mit Rittern, Burgen, Dämonen, Robotern, Magie und Atombomben, eingebettet in tonnenweise Neonfarben und einer tollen Geschichte mit einem noch tolleren Ende.

Zwerchfell brachte den Comic im schicken Hardcover zu schlanken 18,00 Euro auf den Markt und ihr solltet, sofern noch nicht geschehen, hier unbedingt einmal einen Blick riskieren.

Art: Liam Sharp © DC Comics

The Green Lantern“ von Grant Morrison, Liam, Sharp, Steve Oliff & Olyoptics (DC Comics | Panini Comics)

Ha, jetzt gibt’s Naserümpfen, oder? Ja, ich habe tatsächlich einen enormen Spaß an Grant Morrisons und Liam Sharps „The Green Lantern“ Serie, die gerade bei US-Lesern wie auch beim deutschen Publikum eher als Special Interest laufen dürfte.

Morrison schreibt seinen vorerst letzten DC-Comic überaus verkopft, abgedreht, bewusst trashig und vollgestopft mit Anspielungen auf die dunkelsten Ecken der DC-Silver-Age-Historie. Das macht das Lesen des Comics manchmal zur Arbeit, die einem nicht gerade leicht von der Hand geht.

Dennoch bietet die Serie so unglaublich viel Unterhaltung, wenn man sich denn darauf einlassen will, und stellt ein wunderbares Kontrastprogramm zum generischen Superheldenbrei dar, den der Verlag sonst so liefert.

Die Serie läuft auch in den Staaten noch mit der gerade zu Ende gehenden, abschließenden zweiten Volume. Hier in Deutschland lasen wir mit den ersten beiden Paperbacks die erste Volume und in Band 3 die Brücken bildende Mini-Serie „Green Lantern: Blackstars“. Volume 2 startet dann mit dem nächsten Band im kommenden Jahr bei Panini Comics.

Art: Sean Phillips © Image Comics

Pulp“ von Ed Brubaker und Sean & Jacob Phillips (Image Comics)

  • bisher keine deutsche Veröffentlichung

Auch das Traumgespann aus Ed Brubaker und Sean Phillips hat in diesem Jahr wieder besonders gute Arbeit geleistet und (nach eigenen Angaben) die langen Lockdown-Zeiten für intensive Comic-Arbeiten genutzt.

Eine davon war der obligatorische Crime-Comic „Pulp“, welcher die Geschichte von Autor Max Winters erzählt, der sich im New York der 1930er versucht als Verfasser trashiger Western-Geschichten für diverse Magazine durchs Leben zu schlagen und so den Ruhestand von ihm und seiner Frau zu finanzieren.

Doch das Leben ist hart und die Bedingungen der Pulp-Writer-Szene sind gnadenlos, was den altgedienten Herren bald auf die schiefe Bahn bringt, auf die er scheinbar nicht zum ersten Mal abgleitet.

Die 76 Seiten starke Story erschien im Sommer über Image Comics... abgeschlossen, direkt als Graphic Novel. Mit einem perfekten Pacing, einer starken Hauptfigur, grandios passenden Zeichnungen und einem tollen Plot stellte „Pulp“ in diesem Jahr für mich wohl die beste abgeschlossene Comicgeschichte dar.

Eine deutschsprachige Veröffentlichung ist nach aktuellem Stand jedoch eher unwahrscheinlich.

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Orang Utan Klaus
Orang Utan Klaus
27. Dezember 2020 8:51

Auch von mir liebe Grüße und vielen Dank für die tolle Arbeit, die Du Jahr für Jahr für uns in Dein Projekt steckst.

Ich poste mal meine Top 10 gleich mit:

- Immortal Hulk (Panini)
- Doomsday Clock (Panini)
- Batman, der letzte Ritter auf Erden (Panini)
- Joker/Harley „psychogramm des grauens“ (Panini)
- Gideon Falls (Splitter)
- Ascender (Splitter)
- Reset (Splitter)
- H. P. Lovecrafts „Die Farbe aus dem All“ (Carlsen)
- Eine Studie in Smaragdgrün (Dantes Verlag)
- Rocky Beach (Kosmos)

Dir, Deiner Familie und allen Lesern sei hiermit ein geglückter Start in das kommende Seuchenjahr gewünscht.
Haltet durch!

Knut
Knut
25. Dezember 2020 15:44

Vielen Dank für die Auflistung und die Arbeit, die dahinter steckt. Und einen weihnachtlichen Gruß von meinem Portemonnaie. Wir zwei hatten uns eigentlich auf einen guten Vorsatz für das neue Jahr geeinigt...

Nadine
Nadine
24. Dezember 2020 9:48

Da hab ich viel nachzuholen. ?? Ein toller Beitrag! Vielen Dank ❤️❤️

Mike
Mike
23. Dezember 2020 13:44

Eine großartige Liste. Viele Perlen dabei und einiges was ich mir jetzt wohl mal anschauen muss ?

Isom
Isom
23. Dezember 2020 13:20

Dem schließe ich mich an, auch wenn ich noch nicht alles davon gelesen habe.

Tim
Tim
23. Dezember 2020 13:13

Großer Dank an deine Frau und natürlich auch an Dich für diesen tollen Beitrag ! Ich finde es wieder erstaunlich, wie du das alles unter einen Hut bringst. Danke für diese tolle Unterhaltung in diesem Jahr. Für Dich und Deine Familie wünsche ich ein frohes Fest, viel Gesundheit und Kraft für die nächsten Jahre und rutscht gut ins neue Jahr. LG Tim