Comic Review: Doctor Strange - Der Eid (Panini Comics)
So sehr ich den immensen Hype der aktuellen Superhelden-Verfilmungen auch genieße, ist es doch ein beinahe selbst laufende Nebeneffekt, der mich an der Sache am meisten begeistert: durch die Aufmerksamkeit, die B- und C-Helden zuteil wird, sieht sich auch Panini Comics genötigt dementsprechendes Material zur Verfügung zu stellen, das auf dem heimischen Markt sonst eher maue Überlebenschancen hätte.
Da läuft in dieser Woche der neuste Marvel Film in Form von „Doctor Strange“ an, und just bekommen wir diesbezügliche Comic-Veröffentlichungen vor die Nase gesetzt. Brian K. Vaughans moderner Klassiker „Doctor Strange: The Oath“ ist solch ein Fall.
Das Unfassbare ist geschehen: Doctor Strange, der Meister der Magie, wurde tödlich verletzt. So gestaltet sich zumindest die Ausgangsbasis der Story, als Stranges treuer Diener Wong seinen Meister in die mehr oder weniger geheime Klinik der Night Nurse schleppt, um dringende Hilfe zu erbitten.
Das Sanctum Sanctorum, Doctor Stranges geheimer Rückzugsort, wurde nämlich Schauplatz eines Überfalls, wobei der Doc mit einer durchaus geschichtsträchtigen Waffe schwer verletzt wurde.
Vor einiger Zeit gelang es ihm ein mystisches Elixier zu besorgen, dass dem ersten Anschein nach Krebs heilen könne. Selbstredend, dass es nicht lange Zeit bedurfte, bis auch andere ihr Interesse an diesem Gebräu kundtaten.
Doch dies ist nicht Stranges einziges Problem: Wong ist schwer erkrankt und leidet an einem Hirntumor, der ihm bald das Leben kosten soll. Als sich herausstellt, dass jenes mystische Elixier durchaus mächtiger ist, als anfänglich vermutet, könnte dies vielleicht auch die Rettung für Wong bedeuten.
Wenn der Name Brian K. Vaughan auf einem Comic-Cover auftaucht, haben sich die meisten Leser mittlerweile antrainiert, blind zuzugreifen. Und das ist auch gut so, denn was der „Saga“-Mastermind auf seine Leserschaft loslässt, ist in den meisten Fällen mindestens überdurchschnittlich. So auch bei der abgeschlossenen Mini-Serie „Doctor Strange - Der Eid“.
Autor Vaughan gestaltet seinen nicht wirklich überraschenden Plot über die enge Verbindung zweier Freunde mit viel Witz, Charme und einer dezenten gesellschaftspolitischen Thematisierung.
Dabei lässt sich der Titel des Comics auf mehrere Ebenen der Handlung beziehen: in vorderster Front der Hippokratisch Eid, den Strange seit seiner Tätigkeit als Arzt befolgt. Er verpflichtet sich seinen Patienten zu behandeln, komme was wolle. Zum einen ist dies sein bester Freund Wong, der ohne sein Zutun seinem baldigen Ende entgegenblickt. Zum anderen ist da die gesamte Weltbevölkerung, die durch eine umsichtige Verwendung des geheimnisvollen Elixiers von allen Krankheiten befreit werden könnte.
Aus einer anderen Perspektive wird jedoch auch der Eid, den Wong seinem Freund und Meister gegenüber verfolgt, angesprochen. Selbst in den letzten Minuten seines Lebens, schickt er sich an, seinen Eid zu erfüllen und dem Meister der Magie loyal zu dienen. Und ganz nebenbei wirft Vaughan die moralische Frage in den Raum: soll man das Leben eines Einzelnen opfern, um Millionen andere Leben zu retten? Und wie sieht es aus, wenn dieser Einzelne auch noch der beste Freund ist?
Illustriert wird der unterhaltsame Comic in fantastischen Bildern von Marcos Martin. Sein genauer Strich sowie sein extrem gekonntes Gespür für Mimiken beleben die Seiten ungemein. Willie Schuberts knallige Farben ergänzen dies dann auch wunderbar.
Brian K. Vaughans „Doctor Strange: Der Eid“ offenbart sich als emotionale Berg- und Talfahrt zweier Freunde, die sich schweren Entscheidungen zu stellen haben. Spannend inszeniert und umwerfend gezeichnet, besser kann man den Kinostart wohl kaum einläuten.
Titel: Doctor Strange: Der Eid
Verlag: Panini Comics
Format: Softcover / lim. Hardcover
Vö-Datum: 04.10.2016
Originalausgaben: US Dr. Strange: The Oath #01-05, Dr. Strange: Fahrenheit #666
Seitenzahl: 132
Autor: Brian K. Vaughan
Zeichner: Marcos Martin
Preis: 14,99 € / 25,00 €(Picture Copyright: Panini Comics & Marvel)
Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.