Willkommen zurück, liebe Freunde des bedruckten Panels. Endlich hatte ich wieder einmal etwas Zeit der großen Kunst des Comics zu frönen und ein wenig in den bunten Seiten zu schmökern.
Allerdings hatte ich noch das ein oder andere Werk auf meinem Zu-Lesen-Stapel liegen, was mir die Auswahl nicht gerad erleichterte. Da es jedoch so Phasen im Leben gibt, in denen alles im Umbruch scheint, fiel die Wahl dann letztendlich doch recht schnell auf Emma Viecelis Werk „Life is Strange“.
Hatte ich doch das zu Grunde liegende Videospiel schon vor einigen Jahren gespielt, wusste ich ungefähr was ich zu erwarten hatte. Zumindest dachte ich das und leider haben mich die letzten Gaming-Comics sehr enttäuscht zurückgelassen, weshalb ich mich nur schwer an eine Comic-Adaption zu einem Spiel, welches mich doch durchweg begeistert hat, heranwage.
Vielleicht sollte ich außerdem anfügen, dass die Hauptfigur Maxine Claufield es damals wirklich schwer hatte, mein Herz zu gewinnen und ich beim ersten Versuch meine PS4 bereits nach 20 Minuten Spielzeit vorerst in den Ruhemodus versetzte.
Ein Glück, dass ich bei solch lebenswichtigen Entscheidungen immer nochmal meine bessere Hälfte zu Wort kommen lasse, die mich letztendlich davon überzeugte, dem Spiel zumindest eine weitere Chance zu geben.
So konnte ich wirklich miterleben, wie die höchst introvertierte Max Claufield verzweifelt versucht die Welt zu retten... und wenn das schon nicht gelingt, dann wenigstens Ihre wiedergefundene, beste Freundin Chloe Price. Max entdeckt ihre Fähigkeit die Zeit zurückzudrehen und kann somit den Lauf der Dinge und natürlich des Spielgeschehens ändern.
Dass dies aber nicht nur Auswirkung auf sie und ihre Freunde hat, sondern auf einen immer weiter anwachsenden Sturm hinausläuft - im wahrsten Sinne des Wortes -, der am Ende droht, ganz Arcadia Bay zu verschlingen, ahnte sie damals noch nicht. Max wird vor die Entscheidung gestellt, entweder Arcadia Bay mit all die dort lebenden Menschen zu retten, oder ihre Herzensfreundin Chloe Price.
Life is Strange - Staub
Genau an diesem besagten Ende des Spiels setzt der erste Band von „Life is Strange“, schlicht mit „Staub“ betitelt, an. Nachdem Max und Chloe den Ruinen von Arcadia Bay entkommen konnten, versuchen sie nun auch ihrer Vergangenheit zu entrinnen. So scheint es, als hätten sie ein neues Leben, einen neuen Freundeskreis in Seattle gewonnen, doch irgendwas scheint sich hier falsch anzufühlen… oder irgendwer.
Auf der Suche nach dem Grund der neuerlichen mysteriösen Ereignisse um Max und Chloe machen sie eine Reise ins alte Arcadia Bay. Doch nicht nur die neugebauten Häuser neben den alten Ruinen fühlen sich befremdlich an, auch die Personen die sie bewohnen.
Life is Strange - Wellen
Mit den Konsequenzen aus dem ersten Band geht es heiter weiter in die nächste Geschichte, schlicht „Wellen“ betitelt. Als Maxine nun endlich mit Cloe ein ruhiges Leben in Kalifornien führen möchte, sind alle glücklich außer Max selbst, so scheint es. Doch schon bald merkt sie, dass nicht sie es ist, die Hilfe benötigt, sondern jemand, den sie anfänglich nur vage auf dem Schirm hatte.
Und obwohl Max ihre Kräfte nicht mehr einsetzen wollte, kommt sie nicht daran vorbei, wenn es um das Retten von Menschenleben geht. Auch das vermeintliche Happy End fühlt sich irgendwie surreal an, denn die Geister der Vergangenheit scheinen die beiden auch hier wieder einzuholen.
Was ich wirklich toll fand an beiden Comics, ist die Tatsache, dass Autorin Emma Vieceli sich tatsächlich neue, alternative Geschichten ersinnt und nicht einfach nur stoisch die den Plot des Games repetiert. Eine gänzlich neue Realität, ein neues Leben, eine neue packende Geschichte.
Auch dass es hier bedeutende, inhaltliche Unterschiede von der ersten zur zweiten Geschichte gibt und die Figuren nicht schlicht mit denselben Umständen konfrontiert werden, begeistert mich und liefert genau diesen zusätzlichen Blickwinkel auf die Figuren und die Welt, die man sich mit solch einer Comic-Erweiterung auch erhofft. Anders, als man es bspw. zur Erweiterung von From Softwares „Dark Souls“ Spielen erlebt hatte.
Das Medium Videospiele scheint Vieceli auch nicht ganz fremd zu sein, konnte sie doch bereits an den „Doctor Who“ Infinity Games mitwirken und auch als Zeichnerin wirkte sie an Panel-Storys zu Science-Fiction Klassikern wie „Zurück in die Zukunft“ mit.
Emma Vieceli stößt mit ihren ersten beiden Bänden zu „Life is Strange“ ein Universum auf, bei dem es mich dürstet noch mehr zu erfahren. Natürlich möchte ich wissen, wie es mit Max, Cloe und ihren Freunden weitergeht. Was zeigt, wie gut diese Comics das Spielerlebnis ergänzen.
Gezeichnet wurden die Geschichten von Claudia Leonardi und koloriert von Andrea Izzo. Das Artwork passt wunderbar zur Games-Vorlage und hat mich direkt angesprochen, wofür ich als Gelegenheitsleserin selten empfänglich bin. Ist ein Comic nicht in dem Stil gezeichnet, den ich mir für eine Story im Geist ausmale, kommt es mitunter vor, dass ich den Band schneller weglege, als ich es sollte. Und ja, dies stört mich nicht selten selbst. Doch hier passte einfach alles. Hervorzuheben ist hier auch nochmals die Kolorierung, da ich gerade das Abdriften in die Vergangenheit als farblich sehr schön hervorgehoben empfand.
Ein möglicher negativer Punkt des Comics, könnte jedoch sein, dass er sich nicht für Neueinsteiger eignet. Klar wird die Handlung des Spiels kurz erklärt, doch stelle ich mir das Wirken des Wtf-Effekts ziemlich schwierig vor, wenn Max und Chloe auf Personen ihrer Vergangenheit treffen, wenn Leser diese eben noch nicht aus den Spielen kennen. Für alle Fans der Games ist es jedoch eine gelungene Fortsetzung und macht neugierig auf die Frage, was wäre eigentlich wenn …
8/10
Life Is Strange Bd. 1 & 2
- Format: Softcover
- Vö-Datum: 08/19 & 02/20
- Seitenzahl: je 118
- Inhalt: US Life Is Strange Vol. 1 & 2
- Autor:in: Emma Vieceli
- Zeichner:in: Nina Vakueva
- Übersetzung: Bernd Kronsbein
- Preis: je 15,00 €
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