Mit nur einer einzigen Geschichte hat sich Comic-Autor und -Zeichner Sean Murphy einen nahezu erhabenen Stand im US-Comic-Business erarbeitet, denn „Batman: Der weiße Ritter“ (hier die Rezension) zählte binnen kürzester Zeit nach Erscheinen zu einer der besten Batman-Storys der vergangenen 10 Jahre. Nun ist es nicht so, dass Murphy mit eben jener Geschichte seine erste Comic-Arbeit überhaupt vorgelegt hätte, bei Weitem nicht, jedoch wohl seine bis dato ambitionierteste und mit Abstand bekannteste.
Unter dem Stern von „DC: Black Label“ erschien jene Geschichte einer alternativen DC-Welt, in welcher der Joker aka. Jack Napier die Seiten wechselte und zum vermeintlich strahlend-weißen Ritter Gotham Citys wurde.
Mit „Batman: Der Fluch des Weißen Ritters“ liegt nun die offizielle Fortsetzung des Comics vor, wobei im nun von Panini Comics veröffentlichten Band nicht nur die obligatorischen acht Kapitel der neuen Mini-Serie enthalten sind, sondern auch das lang erwartete One-Shot „Batman: White Knight Presents: Von Freeze“.
Nach den Vorkommnissen des ersten Teils musste Jack Napier mental das Weite suchen, denn sein Alter Ego hat abermals das Ruder übernommen und den Clownprinz des Verbrechens nach außen gekehrt. Nun sitzt er im Arkham Asylum ein, jedoch nicht ohne einen Plan zu haben, den Dunklen Ritter ein für alle Mal zu stürzen.
Und wie es scheint, könnte dieser Plan diesmal sogar gelingen, denn Jacky-Boy hat in den dunklen Verliesen des Asylums ein unvorstellbares Geheimnis entdeckt, dessen Enthüllung die Welt von Bruce Wayne, Batman und all seinen Mitstreitern, ja der gesamten Stadt, für immer verändern könnte.
Autor und Zeichner Sean Murphy arbeitet weiter an seinem persönlichen Mythos des Dunklen Ritters und liefert nicht nur eine Geschichte um Batman selbst, sondern koordiniert das Bat-Universum in seiner Gänze neu. Der Joker als einstiger Protagonist der ursprünglichen Erzählung wird zur Randfigur und dient letztendlich als Mittel zum Zweck im Rahmen der Dreifaltigkeit aus Batman, Azrael und ihm selbst.
In der Summe liefert Murphy abermals eine politische Gesellschaftsparabel, mit offenkundigen Bezügen zum aktuellen Geschehen in den Vereinigten Staaten: die verheißungsvollen „Eliten“, die das politische wie auch gesellschaftliche Geschehen als ein geheimes Konglomerat aus den Schatten heraus leiten und ausschließlich ihre eigenen, heimtückischen Interessen durchsetzen, dienen als Ankerpunkt einer Gesellschaft im Umbruch - wofür Batman unwissentlich als Werkzeug diente.
So stichelt Murphy auf den aktuell blank liegenden Nerv zwischen politischem Thriller und hanebüchener Verschwörung-Phantasterei, wie man sie im Internet mittlerweile alle 2 Meter weit findet. Das verleiht seinem Comic zwar eine gewisse Aktualität, kokettiert gleichermaßen jedoch auch mit einem Thema, dessen unreflektierte Abhandlung allzu schnell gefährlich werden könnte. Murphy überlässt die Interpretation jedoch seinen Leser:innen.
Ein erwachsener Batman-Comic, der eine vielseitige Geschichte in großartigen Bildern erzählt. Der Hype um die vorangegangene Story wurde gekonnt erweitert und legt mit der letzten Seite der nun vorliegenden Geschichte den Grundstein für hoffentlich ebenso gute künftige Erzählungen. Der Mann weiß was er tut. Pflichtkauf.
9/10
Batman: Der Fluch des Weißen Ritters
- Format: Softcover / lim. Hardcover
- Vö-Datum: 07.07.2020
- Seitenzahl: 268
- Inhalt: US Batman: Curse of the White Knight #1-8, Batman: White Knight Presents: Von Freeze #1
- Autor:in: Sean Murphy
- Zeichner:in: Sean Murphy
- Übersetzung: Josef Rother
- Preis: 27,00 €
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Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.
„kokettiert gleichermaßen jedoch auch mit einem Thema, dessen unreflektierte Abhandlung allzu schnell gefährlich werden könnte“
Daß BWK und BCoWK Instant-Klassiker sind, die einem reiferen Publikum gewidmet sind, ist unbestritten. Und, ich glaube, diesem Publikum ist es durchaus zuzutrauen, daß es die Ereignisse in der Geschichte richtig interpretieren kann, ohne daß es gleich zum gefährlichen Mob mutiert.
Die künstlerische Qualität ist bemerkenswert, selten erlebt man dermaßen cineastische, detaillierte Hintergrunzeichnungen. Da wird kein Quadratmillimeter vergeudet.
Einzig die Freeze-Geschichte hätte ich lieber mit einer zeichnerischen Kooperation von Mr Murphy und Mr Janson gesehen. Ich habe den Eindruck, daß Mr Janson auf seine alten Tage ein bisschen steif wirkt...
Ich kann mich einer Leseempfehlung nur anschliessen. Seit Snyder/Capullo eines der wenigen, wirklich guten Bat-Comics. L.G.
kleiner Preisfehler in der Comic-Info. Ich habe dafür 27,- bezahlt, so stehts auch auf der HP
Und so steht’s auch auf dem Cover. Danke für den Hinweis!
Konsequent gutes Reviews eines konsequent gut weiter erzählten Comics. Dem „Pflichtkauf“ kann ich mich nur anschließen. Top Story, die ich mit absoluter Begeisterung gelesen habe und von dem hoffentlich noch mehr kommt.