Comic Review: Doomsday Clock Bd. 1-4 (Panini Comics)

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Comic Review: Doomsday Clock Bd. 1-4 (Panini Comics)
© Panini Comics

Gut ein Jahr hat Panini Comics gebraucht, um uns nach dem Start von „Doomsday Clock“ mit dem finalen, vierten Band der Serie zu beehren. Ein Jahr schmerzhaftes Lesen unter dem Damoklesschwert der Unvollständigkeit, denn diese in den Staaten auf 12 sehr schleppend und mit allerhand Verspätung veröffentlichten Ausgaben angelegte Maxi-Serie lediglich in Häppchen präsentiert zu bekommen, war eine regelrechte Qual.

Letztendlich aber auch ein geschickter Zug, nicht nur vom Verlag. Wäre die Reihe abgeschlossen in einem dicken Paperback erschienen, hätte ich mich vermutlich nur zum Teil mit der Fülle an Informationen, die dieser Comic zu bieten hat, beschäftigt und mich stattdessen davon erschlagen lassen.

Als DC Comics vor gut drei Jahren ankündigte, eine Fortsetzung des Comicklassikers „Watchmen“ liefern zu wollen, explodierte das Internet und polarisierte die US-Comicszene, bevor überhaupt die ersten handfesten Details zum Comic an die Öffentlichkeit gelangen konnten.

Viel Staub wurde aufgewirbelt, denn kaum ein amerikanisches Comicwerk wird von Leser*innen und Kritiker*innen so sehr als „Heiliger Gral“ des Mediums verstanden, wie Alan Moores, Dave Gibbons’ und John Higgins’ Comic-Zwölfteiler, der zwischen 1986 und 1987 über DC Comics erschien.

Revolutionierte Frank Millers „The Dark Knight Returns“ das Superheldengenre wie man es zu der Zeit verstand, machte Moores „Watchmen“ das Medium zur Weltliteratur und öffnete die Tür für einen evolutionären Prozess der US-Comicbranche, der bis heute anhält.

Es ist jedoch auch kein Geheimnis, dass der eigenwillige Autor mittlerweile mit dem Superheldengenre und selbst dem Comic im Allgemeinen abgeschlossen hat und sich von vielen seiner früheren Werke distanziert. Vornehmlich von denen, deren Rechte er selbst nicht hält, was auf alle für DC Comics oder Marvel angefertigten Lizenztitel Moores zutrifft.

Dennoch pulsiert das Leben durch seinen „Watchmen“ Comic, wie durch kaum eine seiner anderen Arbeiten. Ein Gedanke, der einem umgehend Zack Snyders Kinoadaption aus dem Jahr 2009 in Erinnerung ruft, oder die Prequel-Comicreihe „Before Watchmen“, welche vor wenigen Jahren bei DC Comics erschien.

Doch damit nicht genug, denn der Verlag konnte und wollte den Mythos nicht ruhen lassen, sondern lieferte mit der nun auch im Deutschen abgeschlossenen Maxi-Serie „Doomsday Clock“ eine direkte Fortsetzung des Originalcomics. Autor Geoff Johns selbst soll die Impulse dazu geliefert haben und sich mit der nun von ihm verfassten Geschichte einen Lebenstraum erfüllen.

Johns beschrieb „Watchmen“ einmal als ein Werk, das ihn auch über 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung noch immer beschäftigen würde, wobei seinem Wunsch eine Fortsetzung dazu schreiben zu wollen, von den Verantwortlichen nicht leichtfertig nachgegeben wurde.

Szene aus „Doomsday Clock“ Bd. 1 © Panini Comics

Mit den Veränderungen die der Verlag in den letzten Jahren erlebte und den konzeptionell zwar interessanten, doch in der Praxis eher weniger konsequent umgesetzten Neuausrichtungen entstand ein gewisses Verlangen nach substantielleren Geschichten, die auch nach Jahren für Leser*innen noch greifbar sein würden.

Johns legte die Grundsteine für die nun von ihm erzählte Geschichte bereits vor einiger Zeit innerhalb der monatlich erscheinenden DC-Comics-Serie „Justice Leage“, welche er seit Beginn des „New 52“ Neustarts als Autor betreute, ohne zu der Zeit überhaupt zu wissen, wie der eigentliche Handlungsbogen von „Doomsday Clock“ einmal aussehen werde.

Ein funktionierendes Konzept musste also konstruiert werden, allein um Zeichner Gary Frank vom Projekt überzeugen zu können, der Johns gegenüber Druck aufbaute, das Maximum aus dem Potential der Geschichte herauszuholen.

Der Autor, der nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert bei DC Comics genießt, machte seinem Arbeitgeber von Anfang an klar, dass er mit keinem anderen Zeichner als Frank an dem Projekt arbeiten wolle und es ohne ihn kein „Doomsday Clock“ werde. Frank wollte hingegen, dass Johns als Autor über sich hinaus wächst. Und wenn man sich das Endergebnis in der Gänze anschaut, scheinen beide ihren Willen bekommen zu haben.

Autor und Zeichner arbeiteten schließlich bereits viele Male zuvor an erfolgreichen Titeln zusammen, so u.a. an Comics wie „Batman: Erde Eins“, „Superman: Brainiac“ oder auch „Superman: Secret Origin“. Um das Team zu vervollständigen, holte man zudem Star-Kolorist Brad Anderson ins Boot, womit alle Bedingungen für einen auch visuell hochkarätig erzählten Blockbuster-Comic vorhanden waren.

Die, wie bereits erwähnt, auf 12 Einzelausgaben angelegte Reihe holte Panini Comics nun in vier Sammelbänden nach Deutschland. Ob im Nachgang - potentiell im kommenden Jahr - noch einmal eine abschließende Gesamtausgabe erscheinen könnte, ist aktuell nicht bekannt. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall, denn nach dem Gelesenen zu urteilen, werden diese vier Paperbacks nicht die letzte Version sein, die ich mir von diesem Stoff ins Regal stelle.

Szene aus „Doomsday Clock“ Bd. 1 © Panini Comics

Die Welt der Watchmen steht vor dem erneuten Zusammenbruch: unsere Geschichte setzt im Jahr 1992 an, also gut 7 Jahre nach dem Ozymandias aka. Adrian Veidt die Welt glauben ließ, ein monströses Alien hätte den Planeten angegriffen, um die zersplitterte Weltengemeinschaft kurz vor dem nahenden Atomkrieg zu einen. Sieben Jahre nach den Ereignissen des „Watchmen“ Comics.

Doch hatte Veidt nicht kommen sehen, welches Chaos die veröffentlichten Details aus Rorschachs Tagebuch anrichten könnten und musste somit zusehen, wie sein über Jahre hinweg aufgebauter Plan pulverisiert, er zur Persona non grata erklärt und die Welt abermals an den Rand des atomaren Kollaps geführt wurde.

Doch der eine, der die Welt noch retten könnte, hat diese längst verlassen. Das mittlerweile gottgleiche Wesen Doctor Manhattan fühlte nach allen Vorkommnissen keinerlei Bezug mehr zur Menschheit und verließ den Planeten, womöglich sogar das Sonnensystem, auf der Suche nach etwas anderem.

Auf der Welt der DC-Helden lodern die Probleme ebenfalls vor sich hin. Helden geraten immer mehr in Verruf, aufgrund der jüngst publizierten „Supermen Theorie“, welche besagt, dass viele Helden nicht unter den selbst angegebenen Umständen von etwaigen Unfällen zu Metawesen wurden, sondern eigens von der amerikanischen Regierung geschaffen wurden, um ein neues Gleichgewicht des Schreckens aufzubauen und die USA in Form von Metawesen aufzurüsten.

Ein intensiver Konflikt mit Russland entbrennt und scheint sich immer weiter zuzuspitzen, so dass sich nicht nur die Helden gegeneinander auflehnen und ein internationaler, gar apokalyptischer Zwischenfall immer wahrscheinlicher wird.

Auf der Suche nach Doctor Manhattan gelangen Veidt und andere Charaktere der Watchmen-Welt in das uns bekannte DC-Universum, was wiederum ein ein Drama zuspitzt, welches markerschütternde Konsequenzen für beide Welten haben wird.

Cover zu „Doomsday Clock“ #10 © DC Comics

Doomsday Clock“ schlägt also eine Brücke zwischen dem Universum der „Watchmen“ und der Welt der DC-Helden, um Moores und Gibbons’ Figuren in den gängigen Kanon der Erzählungen um Wonder Woman, Superman und Co. zu integrieren.

Was bekanntermaßen für viele Jünger der Watchmen-Mythologie und der Arbeit von Alan Moore im Allgemeinen einen faustdicken Fauxpas darstellt, wird von Johns, Frank und Kolorist Brad Anderson jedoch so gekonnt umgesetzt, dass der Comic noch viele Generationen von DC-Leser*innen beschäftigen dürfte.

Doomsday Clock“ liefert eine substantielle, in sich weitestgehend abgeschlossene Story, die sich in optischen Aspekten konzeptionell stark an den Vorgaben des Originalcomics orientiert und das für Gibbons typische 9-Panel-Grid oder die für Moore obligatorische, zusätzliche Lektüre zwischen den Kapiteln liefert.

Die Prämisse des Comics ist jedoch eine gänzlich andere, als die der überlebensgroßen Vorlage. Während „Watchmen“ das eigene Medium auf komplexe und metatextuelle Weise hinterfragte, will „Doomsday Clock“ eine spannende Geschichte erzählen, die vor allem Leser*innen von Superheldencomics begeistert und letztendlich an die nicht selten wirren und komplexen Handlungsstränge der Verlagskontinuität bindet.

Genau darin liegt die Stärke als auch die Schwäche des Comics, denn Johns, Frank und Anderson liefern hier einen der wohl besten und spannendsten DC-Comics-Titel der vergangenen Jahre ab, während sie gleichermaßen mit der verzweifelten Situation konfrontiert werden, nicht aus dem Schatten des Originalwerks heraustreten zu können.

Aber das soll auch gar nicht nötig sein, denn schafft man letzten Punkt für sich auszublenden, wird der Comic mit all seinen Verknüpfungen, Details, Charakterentwicklungen und der in der Summe einfach gnadenlos gut geschriebenen Story beinahe selbst überlebensgroß.

Johns schafft es, trotz der langsam und komplex erzählten Geschichte, dennoch auf subtile aber effektive Weise an der Kontinuität des DC-Multiversums zu schrauben, Korrekturen vorzunehmen und Elemente abzuändern, die in der Gunst der kommenden Entwicklungen des Verlages stehen sollen. All dies ohne, dass es sich deplatziert anfühlt und gekünstelt wirkt.

Durch die überraschende Zentralisierung von Superman als Kernfigur der Handlung, nicht nur durch den groß aufgebauten Handlungsbogen, sondern auch durch mehrere Querverweise auf die Publikationshistorie der Figur - erstes Auftreten von Superman am 18. April 1938 (= Veröffentlichung von „Action Comics“ #1) -, misst er dem DC-Ur-Heroen eine abermals gewichtige, aber gern vergessene Bedeutung bei, welche u.a. auch Bezug auf bisherige gemeinsame Arbeiten von Geoff Johns und Gary Frank nimmt.

So fühlt sich der Comic trotz aller Watchmen-Essenzen dennoch wie eine waschechte DC-Story an, die schlicht mit bis dato nie dagewesen Elementen und Figuren spielt und mit einem zwar abgeschlossenen aber dennoch weitflächigen Ende dennoch viel Optionen für die Zeit danach liefert.

Mit „Doomsday Clock“ haben sich Geoff Johns, Gary Frank und Brad Anderson ein persönliches Denkmal ihres bisherigen gemeinsamen Schaffens gesetzt und tatsächlich auch einen der besten DC-Superheldentitel der vergangenen 10 Jahre zu Papier gebracht.

Bereits vor Veröffentlichung der ersten Ausgabe gescholten und sicher noch in den nächsten 10 Jahren von griesgrämigen Puristen und selbsternannten Kunstwächtern des Mediums in der Existenzberichtigung negiert, liefert „Doomsday Clock“ einen sensationell gut erzählten, vielschichtigen und optisch herausragenden Superhelden-Krimi, der in keiner Weise negativ an Moores und Gibbons’ Watchmen-Mythos kratzt, sondern schlicht eine exzellente Geschichte für diejenigen liefert, die sie auch lesen und genießen wollen.

Ziel erreicht, werte Kollegen... ich ziehe meinen Hut und bedanke mich ehrfürchtig.

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Leseprobe zu Doomsday Clock:

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Alexander Kaiser
Alexander Kaiser
12. Mai 2020 8:52

Moin, muss man für dieses tolle Comic zwingend irgendwelche anderen Comic gelesen haben? Danke vorab.

Alexander Kaiser
Alexander Kaiser
12. Mai 2020 10:23
Antwort auf Kommentar von  Emu

vielen Dank!

andreas homolka
andreas homolka
24. April 2020 9:03

Viel besser als ich vermutet hätte, nur eine Frage, einerseits spielt es in der etablierten Rebirthkontinuität, andererseits passts nicht zu dem derzeit in die Stories, die grade in den USA erschienen sind, ich wüsste gern, ob diese Story in der derzeitigen Kontinuität relevant ist ?

Dave
Dave
19. April 2020 17:39

Kann mich dem nur anschließen nach dem darkside war endlich wieder eine geile dc geschichte

raised by machines
raised by machines
17. April 2020 12:30

Danke für das coole Review. Ich warte noch auf die 1-2 Deluxe Hardcover Bände davon... die kommen ja dann sicher auch bald, nachdem auch schon Watchmen und Before Watchmen als Deluxe Bände erschienen sind 🙂

Rincewind0815
Rincewind0815
17. April 2020 10:14

Dem ist nichts hinzuzufügen. Also außer das jetzt hier ?