Wer hätte gedacht, dass ich mir bei Zeiten noch mal freiwillig einen Rob Liefeld Comic geben würde? Ja... ich auch nicht.
Die beispiellos karikaturistische Promo zum neuen Marvel Output „Major X“ brachte mich im Vorfeld bereits zum Schmunzeln, denn wirklich darauf gewettet, dass da irgendwann einmal wieder ein konstruktiver Beitrag zum Mutanten-Franchise kommen würde, hätte ich gewiss nicht.
Nun hat es der stets enthusiastische und nicht immer ganz ernstzunehmende Comic-Veteran irgendwie geschafft, im Dunstkreis von Jonathan Hickmans „X-Men“ Revolution mit einer eigenen Mini-Serie zu einem mal wieder von ihm selbst kreierten Charakter um die Ecke zu kommen. Schön für ihn.
Ich hab mir das gut 170 Seiten starke Paperback zu „Major X“ angeschaut und tatsächlich deutlich schlimmeres erwartet.
Einen gewohnt grob-inhaltlichen Abriss des Comics werde ich mir an dieser Stelle sparen, denn der Plot lebt zumindest anfänglich vom Geheimnis der Identität der neuen Figur und baut erzählerisch nach dessen Lüftung genau darauf auf.
Ist auch halb so wild und letztendlich vollkommen irrelevant, denn allgemein ist dies auch die Story. Zumindest aus der Distanz betrachtet.
Der Cable, Deadpool und X-Force Co-Schöpfer Liefeld hat vor allem in den 1990ern viel der den Verlag geliefert, bevor er sich letztendlich mit einigen Kollegen an die Gründung des Verlages machte, den wir heute als Image Comics kennen.
Wer Liefeld auf seinen Social Media Plattformen folgt, weiß, dass der durchaus charismatische Tausendsassa schwer an seinen Glanztaten der frühen 90er hängt. Und genau das spürt man auch an diesem Comic.
„Major X“ fühlt sich wie ein kleines Marvel-Liefeld-Revival an, bei dem keine Figur, an der der Künstler einmal gern Hand anlegte, fehlen durfte und irgendwie gezwungen und gedrungen in diese obligatorische Zeitreise-Story gepackt wurde.
Tatsächlich lebt der Comic von Liefelds Zeichnungen - ja, so manche Proportionen von gewissen Extremitäten bringen einen noch immer zum Weinen -, doch generiert der Macher hier einen gewaltigen Nostalgie-Bonus, der in Optik und Texten zu finden ist.
Liefeld arbeitet sich mit überaus platten Dialogen, die man sich als Autor heute erstmal trauen muss zu schreiben, Figuren, deren Charakterentwicklungen der letzten 30 Jahre vollkommen außer Acht gelassen wurden und einem so auf Superhelden-Trash fixierten Plot durch die Seiten, dass man regelrecht Spaß daran haben kann. Aber nicht zwingend muss.
So fühlt sich der Comic wie ein in die Jahre gekommener Versuch an, den eigenen Glanztaten der Vergangenheit zu huldigen. Und das ist deutlich positiver gemeint, als es klingt.
„Major X“ dürfte vor allem den Fans von Liefelds Marvel Arbeiten gewidmet sein, in erster Linie jedoch eher ihm selbst. Schaut mal rein.
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Leseprobe zu Major X - Zwischen den Zeiten:
Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.
Wenn man vom Cover ausgeht, hat sein Stil einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht.