Detailverliebt und eine toughe Frau, die es in sich hat - das ist Myre.
Am Wochenende hatte ich endlich mal die Gelegenheit, in das Erstlingswerk von Claudya Schmidt reinzuschauen, und was soll ich sagen, es hat mich schier umgehauen. Die wuchtige Detailverliebtheit der Panels hatte mich schon auf den ersten Seiten schwer getroffen und eröffnete mir eine neue, unendlich scheinende Welt.
Ganze Splash-Pages, an denen Schmidt wohl einige Wochen mit der Erarbeitung verbracht haben musste. Jeder Bleistiftstrich, jede Farbsetzung bei der Koloration wirkten wohl überlegt und abgewogen. Nach einiger Recherche habe ich herausgefunden, dass die Künstlerin tatsächlich mehrere Tage an einzelnen Panels verbracht hatte, dies sogar mit 40-50 Stunden Arbeitszeit beziffert.
Da wurden die Schuppen von Varug, dem Reitdrachen der Protagonisten, genau abgezählt und penibel drauf geachtet, dass der Riss in der Corsage von Myre auch ja am rechten Fleck sitzt.
Doch gehen wir zurück zum Anfang. Wer ist Myre überhaupt und was ist Ihre Mission? Nun ja, das scheint unsere Hauptfigur selbst nicht so recht zu wissen, denn Myre, so heißt die gute Frau, ist eine Reisende, eine Nomadin ohne wirkliches Zuhause, ohne Rast und ohne Ruhe.
Als Myre auf dem Streifzug durch das karge, wüstenähnliche Yria streift, in dem Räuber und Schurken wie Pflanzen aus dem Boden zu sprießen scheinen, trifft sie auf Boozer, einen alten und recht gemütlichen Kauz, der gern mal bei einem Bier eine Geschichte zum Besten gibt. Auf den ersten Blick scheint mehr an diesem Boozer zu sein, als man anfänglich glauben mag und die Umstände verlangen es regelrecht, dass Myre ihm einen Gefallen schulden wird.
Eine scheinbar simple Bitte schickt sie auf eine Reise, die alles andere als geplant verläuft. Doch Myre wäre nicht die toughe Figur, die sie nun mal ist, wenn sie nicht das ein oder andere blaue Auge einstecken und sich trotzdem mit erhobenen Hauptes auf ihren Drachen Varug schwingen könnte. Doch als ihr dann auch noch dieser abhanden kommt, wird die ganze Geschichte für sie doch noch etwas brenzlich.
Man könnte jetzt noch ewig über die tolle von Schmidt kreierte Welt schwärmen, doch wird ein Großteil des Comics, wie bereits erwähnt, durch die unfassbar tollen Zeichnungen der Autorin bzw. Zeichnerin selbst getragen. Detailverliebt? Auf jeden Fall. Pedantisch? Könnte man fast meinen.
Doch genau diese penible Arbeit ist es, was die Welt und ihre Figuren so lebendig wirken lässt und regelrecht dazu zwingt, die Charaktere sofort ins Herz schließen zu wollen. Und das ist es auch, was meinen Blick über Minuten an einem Panel verweilen ließ, da ich mich einfach nicht daran satt sehen konnte.
Was vor vielen Jahren für Claudya Schmidt mitten in der Nacht als Traum begann, später über ein Crowdfunding-Projekt langsam Gestalt annahm und letztendlich beim Splitter Verlag veröffentlicht wurde, gibt nun auch dem Leser die Möglichkeit, in Schmidts Traumwelt einzutauchen und charismatische Myre für einen kurzen Weg in der Welt von Yria zu begleiten.
Einen viel zu kurzen, wenn ihr mich fragt, denn die Wartezeit bis zur Weiterführung der Serie fällt schon jetzt schwer. Schließlich warten nach diesen ersten zwei Bänden noch vier weitere auf uns, bis der Comic letztendlich abgeschlossen wird.
Doch vorerst steht bereits ein Spin-off in den Startlöchern, welcher gestalterisch jedoch etwas von den ersten beiden Ausgaben abweichen soll, da Schmidt in diesem noch mehr mit der Bebilderung, anstatt mit Texten erzählen will. Ein Comic, der gar ohne Text auskommen soll.
Dass dieses kreative Projekt der Zeichnerin sicherlich gelingen dürfte, davon gehe ich schwer aus. Vor allem, da mich ihre Arbeit an den ersten beiden Bänden so überzeugen konnte. Was „Myre: Die Chroniken von Yria“ bisher angeht: eine absolute Kaufempfehlung für alle Freunde des Genres. Ein Verpassen ist nicht zu entschuldigen!
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Vollblut-Nerd, Gamerin, Whovian & Gelegenheits-Bloggerin.
Das sind keine einfachen Panels, das ist jeweils ein kleines Stück Kunst. Ich bin kein Fan dieser Art der Geschichten, allerdings wissen solche Bilder mich schon zu überzeugen. Vielleicht sollte ich mal den ersten Band lesen. Schöner Bericht!