Während zu einem Sonntag das Unwetter über die Republik zog und meine Frau sich samt Tochter zum nachmittäglichen Schlaf verkrümelt haben, klemmte ich mich hinter den neusten Band aus Jeff Lemires und Dean Ormstons „Black Hammer“ Universum, welcher jüngst die Redaktion des Bielefelder Splitter Verlages verlassen hatte.
Die im vergangenen Jahr für den Eisner Award nominierte Comicreihe (im Jahr zuvor sogar ausgezeichnet) wächst und gedeiht, wie es nur unter einem Vielschreiber wie Jeff Lemire gelingen kann.
Wie bereits berichtet, erwartet uns in diesem Jahr eine ganze Batterie an „Black Hammer“ Comics in deutscher Übersetzung, wobei es mit der nun vorliegenden dritten Ausgabe der Hauptserie losgeht.
„Black Hammer: Age of Doom“ bezeichnet den zweiten großen Story-Arc der Superhelden-Hommage, welche Autor Lemire in zwei Teile aufteilte, wobei diese nun in Volume 3 und 4 der deutschen Reihe erscheinen soll. Der erste nun vorliegende Band enthält die US-Ausgaben #1 bis 5 der „Age of Doom“ Serie.
Auch wenn mit dem dritten Band ein neuer Arc angeschnitten wird, setzt die Geschichte direkt an den Schluss der letzten Ausgabe an und beginnt mit Lucy Weber, die mittlerweile den heroischen Hammer ihres Vaters an sich genommen hat und selbst zur neuen Black Hammer wurde.
Wir sehen die emotional recht aufgewühlte Lucy auf der Black Hammer Farm, als sie nach einer kurzen Diskussion mit den dort lebenden Helden auch wieder verschwindet, denn Lucy hat endlich hinter die Fassade geblickt und das Geheimnis hinter der Gefangenschaft der Helden auf der Farm erfahren. Doch sie kommt nicht dazu, dies zu verlautbaren, denn eine geheimnisvolle Kraft zerrte sie unlängst aus der Situation.
Lucy findet sich plötzlich in einer Bar voller untoter und gar monströser Wesen wieder und einem geheimnisvollen Barkeeper, der mehr in Rätseln spricht, als wirkliche Informationen preiszugeben. Der sogenannte „Anteroom“ ist Schauplatz vieler solcher geheimnisvoller Dinge, doch Barkeeper James ist gewillt zu helfen und führt Lucy aus der Misere... unlängst in die nächste.
Und so stellt sich die Frage, wie weit Lucys Weg noch gehen muss, um endlich zurück zur Farm zu finden und ihre neuen Freunde von dem Unrecht zu berichten, das ihnen widerfahren ist und möglicherweise sogar einen Weg von Farm nach Hause zu finden?
Lemire und Ormston kleckern nicht, sie klotzen auch mit ihrem mittlerweile dritten Band der eigentlichen Hauptserie. Wirkt der Anfang des Story-Arcs noch etwas generisch und in die Länge gezogen, wird mit jeder weiteren Seite deutlich, dass dies genau so gewollt war und letztendlich auf einen monströsen Reveal hinauslaufen wird, der den gesamten bisherigen Kanon auf den Kopf stellt und plötzlich auch viele unscheinbare Details der letzten Kapitel eine größere Bedeutung erhalten.
Man spürt regelrecht, dass mit „Age of Doom“ die Story um die Black Hammer Crew nicht einfach nur weitererzählt werden sollte, sondern all dies von langer Hand geplant war und hier womöglich eine Plot-Hürde genommen wird, die in ein noch viel größeres Abenteuer führt, welche das Universum abermals erweitern dürfte.
Apropos Universum: ganz wunderbar wurde auch das jüngst beim Splitter Verlag erschienene Spin-off „Doctor Star & das Reich der verlorenen Hoffnung“ mit der hier vorliegenden Handlung verknüpft, weshalb man dort ebenfalls reinlesen sollte, um etwas mehr über die Figur zu erfahren.
Lemire arbeitet im dritten Band abermals mit diversen Hommagen an aus diversen Superheldencomics erinnernden Aspekte, die sich mittlerweile wie manchmal offensichtliche aber auch weniger deutliche Ostereier in den Geschichten verstecken. So stellt Barkeeper James eine Anlehnung an den trügerisch-halunkischen Magier John Constantine dar, Storyland kokettiert mit den Erzählungen von Neil Gaimans „Sandman“ Saga, aber auch hier und da gibt es kleinere Referenzen, die nicht so ganz mit der Tür ins Haus fallen.
Als bspw. Gail am Anfang des Bandes in Tränen ausbricht und sagt „Es ist ein Witz. Es ist alles nur ein schlechter Witz!“ spielt dies auf eine bekannte Szene in Alan Moores und Dave Gibbons’ „Watchmen“ an, in welcher der Comedian Eddie Blake den finsteren Plan seines alten Kollegen Adrian Veidt erkannte und mit demselben Wortlaut in Tränen schluchzt.
Doch nicht nur die vielen Verweise auf bekannte Comicwerke machen den Band abermals so stark, sondern vor allem das Charakter-Building sowie der große Hammer zum Ende des Bandes, der es förmlich schwer machen wird, auf die nächste Ausgabe warten zu müssen.
Optisch bleibt sich Zeichner Dean Ormston treu und zaubert ein ums andere Mal wunderbare Splash-Pages in die Seiten, die man sich einfach mehrmals anschauen muss. Es macht regelrecht Spaß, auch nach dem Abschluss des Bandes immer wieder in den Seiten zu blättern und bei manch opulenten Szenen zu verweilen. Ormston schafft es, diesem Comic ein Gesicht zu verleihen, das man so schnell nicht vergisst.
„Black Hammer“ bleibt auch mit dem dritten Band der Hauptreihe eine der aktuell besten und womöglich am schnellsten wachsenden Indie-Comicuniversen aus Übersee. Wer heutzutage qualitative Superheldencomics lesen will, kommt an dieser Serie einfach nicht vorbei. Und das ist gut so. Pflichtkauf!
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Mehr zu „Black Hammer“ gibt es in der zweiten Episode von „POW! - Ein ComicPodcast“ zu hören:
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Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.
Bis jetzt traute ich mich an Black Hammer nicht dran.Doch nun nach dem Podcast werde ich das nachholen