Interview: Im Gespräch mit Katrin Gal (radacs) - Zeichnerin & Autorin von RADIUS

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Interview: Im Gespräch mit Katrin Gal (radacs) - Zeichnerin & Autorin von RADIUS
© Splitter Verlag

Im kommenden Monat startet der Bielefelder Splitter Verlag mit einer neuen, vierbändigen Sci-Fi-Comicreihe aus der Feder von Katrin Gal: „Radius“.

Die unter dem Pseudonym „radacs“ bekannte Künstlerin wird mit dem ersten Band „Radius: Rebellion“ ihr Debüt auf dem Comicmarkt feiern, wobei sie sich mit der großangelegten Reihe ein durchaus komplexes Konzeptwerk ausgemalt hat, für das sie nicht nur als Autorin, sondern auch als Zeichnerin auftritt.

Ich hatte jüngst die Gelegenheit etwas mit Katrin zu plaudern und sie etwas zum anstehenden Comic sowie zum Schaffensprozess auszuhorchen. Viel Spaß!

Katrin bei der Arbeit

Emu: Hallo Katrin, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Wie geht’s dir aktuell?

K.G.: Vielen Dank für dein Interesse, ich bin wohlauf und gespannt auf die kommenden Fragen!

Emu: Mit „Rebellion“ veröffentlichst du den ersten Band deines Comicporjekts „Radius“. Kannst du uns einen Überblick geben, worum es bei dem Comic geht?

K.G.: Es ist eine Sci-Fi-Geschichte mit viel Action und ein bisschen Drama. Die Story spielt auf einem fiktiven Planeten, auf dem ein Bürgerkrieg herrscht, der von Cyborg-Rebellen gegen die ausbeuterische Regierung geführt wird. (Deswegen heißt der 1. Band auch Rebellion…)

Kriegs-Settings bringen immer recht viel Action-Handlung mit und Cyborgs sind für Tech-Style-Liebhaber bestimmt auch hübsch anzusehen, außerdem beinhaltet es unwillkürlich die klassische Frage, inwieweit wir Menschen von Maschinen abhängig sind, daher ist ein Fünkchen Gesellschaftskritik ebenfalls enthalten. Und das ganze Drama kommt dann durch die Charakteren, die zusätzlich auch alle sehr unterschiedliche Beweggründe haben, diesen Krieg zu beenden… oder eben auch nicht.

Emu: Der Splitter Verlag wird die vierbändige Reihe ab Mai veröffentlichen. Wie bist du mit dem Verlag zusammen gekommen? Hast du den Comic gepitcht oder wurdest du entdeckt?

K.G.: Hm, eigentlich weder noch und doch irgendwie beides? Ich bin auf der LBM18 am Stand vorbeigekommen und wollte mich vorstellen und dann kam man irgendwie sofort ins Gespräch und dann ging’s los.

Emu: Bemerkenswert. Hast du damit gerechnet, dass du mit deiner Idee sofort auf offene Ohren stößt und ein Verlag zugreifen würde?

K.G.: Eher nicht bzw. hatte ich nicht erwartet, dass es so „schnell“ gehen würde.

Emu: Arbeitest du gänzlich allein an dem Projekt und übernimmst von den Zeichnungen bis zum Lettering alles selbst?

K.G.: Jep, das ist alles eine One-Man-Army-Produktion.

Auszug aus „Radius: Rebellion“ ( Credit: Katrin Gal / Splitter Verlag)

Emu: „Radius“ scheint vollends ein dystopisches Sci-Fi-Setting einzunehmen. Wie kam es dazu, dass du dein erstes Comicprojekt in diesem Genre ansiedelst?

K.G.: Das hat sehr viele Gründe. Ich habe seit meiner Kindheit einen Hype auf Sci-Fi. Ich bin mit „Star Wars“ aufgewachsen, ebenso sind „Batman Beyond“ und „Matrix“ bis heute meine Stilikonen.

Ich liebe dieses Sci-Fi-Ästhetik: schlichte, geometrische Strukturen auf der einen Seite oder Kabelgewirr, Schrauben, LEDs, Schalter und Filter auf der anderen. Ich habe einfach eine visuelle Faszination für technische und mechanische Formen!

Aber auch als Autor gefällt mir an diesem Genre vor allem, dass man völlig unbekümmert neue Welten erschaffen kann, die man in den meisten Fällen mit „ein Wunder des technologischen Fortschritts“ erklärt und das auch so aufgenommen wird, denn niemand kann mit Gewissheit wissen, was uns in der Zukunft tatsächlich erwartet. Daher kann man bis dahin viel spekulieren und von interessanten Zukunftsvisionen träumen wie zum Beispiel neue Planeten erschaffen 😉

Außerdem bietet das Sci-Fi-Genre auch an, auf uns heute bekannten Strukturen aufzubauen und diese weiter zu entwickeln. Man erfindet so gesehen nichts Neues, sondern verwendet es nur auf eine neue Weise. Das eignet sich u.a. auch gut für gesellschaftskritische Plots, indem man einige Entwicklungen der heutigen Zeit „weiter denkt“ und vielleicht ein wenig überdramatisiert, um auf potenzielle Konsequenzen hinzuweisen.

Letztendlich habe ich genau das für „Radius“ gemacht. Das Genre hat mir ermöglicht, mein Setting auf einer fiktiven Welt spielen zu lassen, die Gesellschaft kämpft aber mit relativ gegenwärtigen Konflikten, die ich für meine Story neu interpretiert und zugespitzt habe.

Emu: Gab es besondere Einflüsse, die dir bei der Entwicklung der Story geholfen?

K.G.: Mein größter visueller Einfluss kommt von meinem All-Time-Favourite-Game „Deus Ex: Human Revolution“, vor allem was Cyborgs angeht. Storytechnisch sind so viele verschiedene Einflüsse aus den allermöglichsten Richtungen zusammen gekommen, dass ich das selbst nicht mehr genau zurück verfolgen kann. Schließlich hat sich die Story über mehrere Jahre entwickelt und war immer vom jeweiligen Medium beeinflusst, welches ich zu dem oder jenen Zeitpunkt konsumiert hatte.

Da ist echt alles mögliche dabei, zwischen „Resident Evil“ über „Batman“ bis hin zu sogar „Disney’s Atlantis“! Manchmal sind es auch total unbedeutsame Kleinigkeiten, die einem besonders ins Auge fallen und sich in der eigenen Story zu wichtigen Elementen morphten. Man kann eben nie wissen, wo und wie einen die Inspiration findet.

Emu: Wie lange arbeitest du nun schon an dem Comic? Hast du bereits Material über den ersten Band hinaus fertig?

K.G.: Einige Charaktere hatte ich schon lange vor der „Radius“ Hauptstory erfunden. 2010/11 kam mir die Geschichte eben auch in diesem Sci-Fi-Flair in den Sinn.

Den Comic an sich aber aktiv zu planen habe ich erst 2014 begonnen, da wurde die Story auch intensiv überarbeitet und auf die Darstellung als Comic ausgerichtet. 2016 habe ich dann den vorläufigen ersten Band gezeichnet und im Eigenverlag veröffentlicht und 2018 folgte der zweite Band, der jetzt aber ebenfalls überarbeitet wird.

Ansonsten gibt es noch zahlreiche Illustrationen und Animationen und es sind auf jeden Fall noch weitere Projekte für und aus der „Radius“ Welt im Ganzen geplant.


Auszug aus „Radius: Rebellion“ ( Credit: Katrin Gal / Splitter Verlag)

Emu: Hat sich denn der bereits erschienene Comic zur jetzt bei Splitter erscheinenden Ausgabe in irgendeiner Weise verändert? Konzeptionell oder vielleicht von der Stimmung her?

K.G.: Der hat sich komplett verändert, größtenteils aber in seiner Struktur. An sich hat sich am Plot selbst nichts getan, auch wenn auf den ersten Blick etwas mehr zusätzliche Info dazu gekommen ist, aber die Art und Weise des Storytellings habe ich eben etwas umgeworfen und angepasst. Und ich hoffe, ich konnte den neuen Band stilistisch und zeichnerisch ein bisschen aufwerten.

Emu: Du bist neben der Welt der Comics auch als Concept Artist unterwegs. Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag im Allgemeinen vorstellen?

K.G.: Das ist sehr abhängig vom gegenwärtigen Projekt. Aktuell arbeite ich als 2D-Artist in einem Game-Studio und bin an mehreren Projekten beteiligt. Für das eine bereite ich mal Assets vor, für das andere mach ich ein Visual Development, also lege praktisch den „Style“ fest und mache erste Entwürfe, für das dritte mach eich das UI-Design etc.

Ich arbeite im Team, daher wird auch jeder Schritt besprochen, aneinander angepasst und vom Director abgesegnet. Und dann bearbeitet man täglich seine Arbeitsschritte und versucht sich an den Zeitplan zu halten.

Emu: Und dein Arbeitsprozess am Projekt „Radius“, wie kann man sich den vorstellen? Wie entsteht der Comic bei dir?

K.G.: Obwohl ich echt am liebsten zuhause am Schreibtisch arbeite, entsteht „Radius“ zu 70% beim Bahnfahren und der gesamte Prozess ist auch zu 99% Digital Art. Bis auf die Planung/Konzipierung/Storyboard - das ist das einzige was ich mit Bleisitift in meinem Storyboard-Sketchbook krakle, welches ich immer überall mit mir rumschleppe.

Wenn das steht, beginnt die eigentlich Produktion - ich bin da etwas Struktur besessen und habe für mich eine feste Pipeline mit streng nacheinander folgenden Arbeitsschritten festgelegt.

Es beginnt mit dem Sketching und Layouten der Seiten am Cintiq (Tablet für digitales Zeichnen, Anm. Emu) zuhause in Photoshop bzw. unterwegs auf dem iPad in Clip Studio Paint. Allerdings bearbeite ich das immer szenenhaft, also ein Abschnitt nach dem anderen, daher können das zwischen 3 bis 7 Seiten am Stück sein.

Dann lass ich das ein paar Tage lang in Ruhe, um es wieder mit einem frischen Blick zu bewerten und ggf. Korrekturen vorzunehmen (oder gleich die gesamte Szene komplett umwerfen und von neu anfangen :)))

Dann folgt die Reinzeichnung/Inks der einzelnen Seiten und dann der etwas zähe und auch am längsten dauernde Prozess der Koloration. Vorher kann ich aber noch Wochen damit verbringen, die richtige Farbpalette für die jeweilige Szene zu finden.

Eine Szene in der Entwicklung:

Emu: Was beeinflusst dich als Künstlerin?

K.G.: Andere Künstler und ihre Werke 😀 Gerade im Internet begegne ich so vielen talentierten und kreativen Menschen. Meine Timelines sind geflutet von einer immensen Vielfalt an Stilen und Motiven, die mich täglich inspirieren und motivieren, mich weiter zu entwickeln und neues auszuprobieren und vielleicht etwas davon in „meinen Stil“ mit aufzunehmen oder meine Technik zu verbessern.

Emu: Wer Comics macht, hat auch Comics, die sie gern liest. Welche Werke haben dich beeindruckt?

K.G.: „Warship Jolly Roger“ ist aktuell immer noch meine Nr. 1, gefolgt von „Low“, „Super Sons“ und „Waisen“. Und seit kurzem habe ich einen Megahype auf „Isola“!

Emu: Planst du bereits abseits von „Radius“ weitere Comicprojekte?

K.G.: Oh ja, eines habe ich schon für mich gepitcht aber das Setting braucht noch eine Überarbeitungen, auch wenn die Charaktere soweit fertig sind. Es wird zwar auch eine Sci-Fi Story, aber nicht so technologisch aufpoliert wie „Radius“. Es geht mehr in die Richtung einer Postapokalypse nach einer Postapokalypse, also es kann nur schlimmer werden 😀

(Picture Copyright: Katrin Gal / Splitter Verlag)

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