Der gefeierte schottische Autor Mark Millar und der zeichnende Fanliebling John Romita Jr. melden sich mit einer neuen Volume „Kick-Ass“ zurück.
Das ist definitiv kein Satz, der mir in aller Regelmäßigkeit von der Hand geht. Die dritte und bis dato letzte Volume kam schließlich im Jahr 2013 über den Äther und seit dem beschäftigten sich die beiden Titel-Schöpfer weitestgehend mit anderen Projekten. Und bei einem Autor wie Mark Millar waren das gewiss nicht wenig.
Im Jahr 2018 war es dann endlich soweit und eine offiziell vierte „Kick-Ass“ Volume sollte über Millars Millarworld Label das Licht de Welt erblicken. Doch wer neue blutige Abenteuer von Dave Lizewski erwartete, wurde überrascht, denn Millar und Romita Jr. switchten mal eben den Protagonisten der Reihe und legten mehr oder weniger von vorn los... und wie zu erwarten war, kann sich das Resultat mehr als sehen lassen. Panini Comics brachten den ersten, mit 6 Ausgaben abgeschlossenen Story-Arc nun im schicken Paperback.
Patience Lee weiß was es heißt einzustecken, Gefahren zu überwinden, Extremsituation zu überstehen. Sie weiß was es heißt zu überleben. Als hochdekorierte Soldatin fällt es ihr nur bedingt leicht, wieder in das heimische Familienleben abzutauchen. Vor allem, da sie bei ihrer Ankunft zuhause nicht wirklich das erwartet, was sie glaubte dort vor zu finden. Ihr Lebensgefährte ist einfach mal auf und davon und lässt Patience mit ihren Kindern sitzen. Als Alleinerziehende muss sie sich nun dem grauen Alltag der schlecht verdienenden Arbeit hinbegeben und versuchen, irgendwie ihr Leben zu meistern.
Doch einiges Tages kommt ihr die Idee, ihrem Glück etwas auf die Sprünge zu helfen und ihre harte militärische Ausbildung auch für ihren Lebensunterhalt zu nutzen. Da Superhelden ja gerade in aller Munde sind, stülpt sie sich mal eben ein „Kick-Ass“ Kostüm von der Stange über und geht damit auf Verbrecherjagd. Oder besser gesagt, auf Jagd nach deren Geld, denn auf die Kohlen hat sie es tatsächlich abgesehen.
Einen Teil des erbeuteten Verbrechergeldes gedenkt sie zu spenden, den anderen Teil nutzt sie, um die mittlerweile gestiegenen Unkosten der Familie zu decken. So kann sie ihre Taten zumindest mit reinem Gewissen erledigen, redet sie sich zumindest ein. Doch dass sich die mehr oder weniger organisierten Kreise der Gangster-Syndikate das Treiben nicht allzu lange tatenlos anschauen, scheint Patience nicht zu bedenken. Ein schwerer Fehler, wie sich bald herausstellen wird.
Wie üblich bei Millar, arbeitet sich der Autor spürbar am aktuellen Zeitgeschehen ab und siedelt seine Story in der Arbeiterklasse des Amerikas der Trump-Ära an. Ohne an Brutalität zu geizen, lässt er die Story nur genau so weit am Absurden vorbei hangeln, dass man sie weitestgehend noch als realitätsnahes Action-Drama klassifizieren könnte. Die Charaktere werden obligatorisch gekonnt heraus gearbeitet und mit entsprechend Emotionalität versehen.
Auch das Pacing weiß zu überzeugen, denn mag die Story in der Summe eine mehr oder weniger beliebige Reißbretterzählung im Stile moderner Action-Filme sein - Kriegsveteran kommt aus der Schlacht nach Hause, findet sich im zivilen Leben nicht zurecht und haut sich letztendlich mit fiesen Gangstern gegenseitig auf die Mütze -, ist es vor allem Mark Millars gekonntem Schreibstil geschuldet, dass diese Belanglosigkeit zu einer toughen und vor allem spannenden Erzählung mutiert, die man aufgrund des Tempos und der Erzähldichte sehr wahrscheinlich in einem Rutsch wegliest.
John Romita Jr. zeigt sich gewohnt talentiert und vor allem detailliert in seinem markant eigenwilligen Stil, den man entweder liebt oder hasst. Der Mann polarisiert bekanntermaßen sehr stark. Als großer Fan seiner Arbeiten konnte ich mich an dem üppigen Band kaum satt sehen, was auch durch die tolle Tusche- und Farbenarbeit von Apsen Comics’ Peter Steigerwald begünstigt wurde. Optisch ist der Comic durchweg ein Brett.
Millars und Romitas vierte „Kick-Ass“ Volume kann man demnach bedenkenlos als gelungen bezeichnen, auch wenn der große Aha-Effekt der früheren Werke etwas ausbleibt. Nichtsdestotrotz tritt Patience Lee eine würdige Nachfolge des urbanen Vigilantentums an und feiert ihr Debüt in einem mehr als lesenswerten Action-Kracher, der Lust auf mehr macht. Die zweite Volume mag zwar erst im Juni kommenden Jahres anstehen, doch werden wir Fans ja zwischen Januar und April mit ganzen drei neuen Mini-Serien des „Kick-Ass“ Spin-offs „Hit-Girl“ versorgt, wobei „Hit-Girl: Kolumbien“ in zwei Monaten den Anfang macht.
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Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.
Der Band war mMn unerträglicher Müll!
So unterscheiden sich die Geschmäcker, für ist das leider der Fehlkauf des Jahres.
Es ist ein Etikettenschwindel, weil alles, was Kick-Ass ausgemacht hat, hier nicht vorhanden ist. Was bleibt sind das Kostüm und der Zeichenstil, für mich zu wenig.
Wo Dave Raum für Idenfikation gelassen hat (von mitfühlen bis fremdschämen), fällt es schwer bis unmöglich sich mit einer Person zu identifizieren, die ein ex-Marine mit dem dazugehören US tylischen Armee-Pathos ist.
Die Bemühungen, diese Person als überaus guten Menschen darzustellen (Mami, spendet die Hälfte des erbeuteten Geldes) sind schnell als solches durchschaubar.
Nicht falsch verstehen, dieser Mix aus Rambo, Robin Hood, Jennifer Blood und Anderem ist handwerklich gut gemacht, nur ist es eben KEIN Kick-Ass und sollte auch nicht so etikettiert werden.
Ich fand den neuen Band toll und sehr kurzweilig. Die Idee eine Afro-amerikanische Ex-Soldatin als Protagonistin auszusuchen, die mit allerlei Alltagsproblemen klarkommen muss, war sehr gelungen und gibt der Geschichte einen authentischen Rahmen. Die Story besticht vielleicht nicht mit einem komplett neuen Rahmen (auch hier wird das organisierte Verbrechen bekämpft), aber muss das so sein? Ich denke, dass dennoch gerade deswegen, vielen die neue Kick-Ass Story zusagt. Nicht zu vergessen sind John Romita’s Jr. Zeichnungen, die wie immer klasse sind und dem Story-Arc das gewisse Etwas, ein besonderes ’Look and Feel’ verleihen.
Das Romita Jrs Stil so stark polarisiert ‚wusste ich gar nicht .
Massiv sogar. Es gibt eine ganze Reihe Leser, die seine Arbeiten regelrecht hassen. Ws Ich schade finde.