Comic Review: Die Saga von Grimr (Avant Verlag)

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Comic Review: Die Saga von Grimr (Avant Verlag)

Am liebsten mag ich Comics, die mich überraschen können. Comics, von denen ich im Vorfeld so gut wie nichts weiß, zu denen mir die beteiligten Künstler nichts sagen und nicht mal das Cover einen wirklichen Hinweis gibt, worum es letztendlich in der Geschichte geht. Wenn dann nach dem Beenden der Lektüre der Gedanke im Raum schwebt: „Das war richtig gut!“, dann macht sich so ein unbestimmtes Gefühl von Wohlwollen breit, ein Gefühl etwas entdeckt zu haben, etwas, das zuvor nicht auf dem so durch koordinierten Lebensindex stand. Ungefähr so erging es mir mit „Die Saga von Grimr“, der Graphic Novel von Jérémie Moreau, welche jüngst im Avant Verlag erschien. Was mit einer simplen Empfehlung begann, endete mit so viel Erstaunen und einem verdammt guten Comic.

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Island im 18. Jahrhundert. Nicht nur das Klima ist rau, sondern auch die Lebensumstände der Inselbewohner, die immer wieder unter der dänischen Oberhoheit leiden müssen, welche in Island nach wie vor das Sagan hat. Ohne eine Familie bist du nichts in diesem kargen, aber wunderschönen Land des Lavagesteins und der epochaler Panoramen. Der Junge Grimr ist der Protagonist unserer Geschichte: als Waise aufgewachsen, unter den Fittichen eines Diebes und Gauners, wird Grimr im Erwachsenenalter zu einem bärenstarken Mann heranwachsen, dessen Stärke nur noch durch seinen eisernen Willen übertrumpft werden kann. Erzählt wird unsere Geschichte von einem geheimnisvollen alten Sagenschreiber, auf der Suche nach den letzten Helden der Insel.
Als Waisenkind bereits dem Tod getrotzt, setzt sich Grimr nun dem gesellschaftlich niederen Stand zur Wehr, den er als Mann ohne Familie nun mal einnimmt. Beweisen will er sich, als Held in die Geschichte eingehen und niemals aufgeben, weder sich, und auch nicht das, was ihn antreibt. Doch das Glück ist ihm nicht hold und so wird sein Leben bald eine tragische Wendung nehmen.

Dass Autor und Zeichner Jérémie Moreau einen ganz eigenen Maßstab für Bildgewalt anlegt, wird bereits im ersten Kapitel der Geschichte deutlich: Aquarelle beeindruckender Naturdarstellungen, eindringliche Kargheiten einer nie enden wollenden Szenerie und fast schon spürbar visualisierte Kälte zeichnen vor allem Moreaus Landschaftsmalereien aus. Dazu die wunderbar pastellenen Farben, die den Bildern eine unerwartete Direktheit verpassen. Hier geht es nicht nur darum eine Geschichte zu erzählen, sondern sie auch fühlen zu können. Auch in den Figuren wird dies deutlich, deren Körper abgemergelt und ausgezehrt sind, deren Lebensumstände nie auch nur den Hauch einer Unbeschwertheit verspüren lassen und in jeder Situation deutlich wird, dass das Leben in diesem Land, zu dieser Zeit jeden Tag ein Kampf ums Überleben war.

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Für „Die Saga von Grimr“ erhielt Jérémie Moreau den Preis für das beste Album zum Comicfestival in Angoulême. Wer das Buch beendet hat, weiß auch weshalb. Die tragische Geschichte des Isländers Grimr ist ein Erlebnis, traurig, emotional, geheimnisvoll und schön. Optisch, wie erzählerisch. Grimr zeigt sich dabei als wenig sympathischer Charakter, doch wird sein Leidensweg spannend in Szene gesetzt und mit charakterlichen Facetten gespickt, die sich dem Leser nicht auf dem Tablett servieren.
Wenn man bedenkt, dass Jérémie Moreau bereits als Character-Designer für Dreamworks Animationsfilme wie „Despicable Me“ tätig war, als Comicautor und -zeichner jedoch Werke wie dieses hier veröffentlicht, rate ich zwingend, den Mann im Auge zu behalten. Hier darf noch Großes erwartet werden. Sehr zu empfehlen!

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