Interview: Im Gespräch mit „Action Comics“ und „New Super-Man“ Zeichner Viktor Bogdanović
Viktor Bogdanović ist nicht nur extrem witzig und so selbstironisch wie sympathisch, er wurde auch noch mit gewaltigem Talent geboren. Der aus Basel stammende Zeichner erlangte mit viel Können und Arbeit das, wovon junge Zeichner heute nur träumen können: exklusiv bei DC Comics unter Vertrag zu stehen.
Ein kurzer Umweg über Image Comics sollte ihn sehr schnell an Serien wie „Batman: Arkham Knight“ oder auch „New Super-Man“ führen. Mittlerweile wurde er für die Ur-Superhelden-Comic-Reihe schlechthin - „Action Comics“ - verpflichtet, die er ab der Ausgabe #983 zusammen mit keinem Geringeren als DC-Legende Dan Jurgens (u.a. „The Death of Superman“) umsetzen wird.
Ich hatte das Vergnügen Viktor zu einem kurzen Gespräch bewegen zu können und ihn etwas über seine Arbeit bei DC Comics auszuquetschen.
Emu: Hallo Viktor, erstmal vielen herzlichen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, ein paar Fragen zu beantworten. Die aktuelle Zeit muss recht stressig für dich sein. Wie geht’s dir momentan und wo befindest du dich gerade?
Viktor: Abgesehen von der chronischen Müdigkeit geht’s mir hervorragend! Danke der Nachfrage. Ich schlurf hier morgens irgendwo im Berliner Friedrichshain herum. Meistens auf der Suche nach Kaffee. Die restlichen 22 Stunden meiner Zeit verbringe ich daheim am Zeichentisch, oder seltener - im Bett.
Emu: Du stammst ursprünglich aus Basel, doch hat es dich vor einiger Zeit nach Berlin gezogen. Wie kam es dazu und weshalb?
Viktor: Basel wurde uns zu eng und zu teuer. Ich hab damals noch Indie-Comics gezeichnet, wovon man kaum leben kann. Ausserdem gibt’s in Berlin mehr zu sehen. Theoretisch. Wenn man nicht ständig am Zeichnen wäre.
Emu: Was brachte dich wann und warum dazu Comics zu zeichnen? Ein angeborenes Talent oder eher eine langjährige Entwicklung auf Basis einer Leidenschaft?
Viktor: Ja, beides. Gezeichnet hab ich schon immer. Jeder kriegt ja spätestens im Kindergarten einmal Stifte und Papier in die Hand gedrückt. Manche Kinder schmeissen das gleich wütend weg und spielen lieber mit Bauklötzen. Die werden dann später Immobilienmogul oder Präsident.
Ich war eins von den komischen Kindern, die weiter gezeichnet haben. Ich hab auch den ganzen Tag Trickfilme geschaut und danach Marvel Taschenbücher entdeckt. Die ersten eigenen Comics hab ich so mit 12 fabriziert. Zwecks Verkauf an meinen Vater, der sie nicht haben wollte. Kommerziellen Misserfolg kannte ich also schon seit früher Kindheit.
Und natürlich reicht das Talent zum Zeichnen allein auch nicht. Man muss auch noch üben wie ein Verrückter, um wirklich gut zu werden. Furchtbar.
Emu: Neben Nic Klein bist du einer der wenigen deutschsprachigen Künstler, die für einen der beiden großen Player des US-Comic-Marktes arbeiten. Kannst du einen Überblick über deinen bisherigen Werdegang geben und uns kurz erzählen, wie es dazu kam, dass du für DC Comics zeichnen konntest?
Viktor: Ich hatte ein paar Comics für Kleinstverlage oder im Eigenverlag herausgebracht. Dann kam irgendwann die erste Serie für Image Comics, die hieß „Reality Check“.
Die Probeseiten für DC hab ich erst abgeschickt, als ich mir einigermaßen sicher war, dass sie nicht völliger Mist sind. Ich dachte trotzdem nicht, dass da jemals eine Antwort kommt und war dann ziemlich geschockt, als nach zehn Minuten gleich jemand zurückschrieb.
Sie schickten mir dann ein Testskript, das ich zeichnen sollte und etwa eine Woche später arbeitete ich schon an „Batman: Arkham Knight“. Es ging alles wahnsinnig schnell. Bei Batman blieb ich fast ein Jahr.
Danach ging es weiter mit „Suicide Squad Most Wanted: Deadshot“, „New Super-Man“ und aktuell Superman „Action Comics“. Ich zeichne seit Ende 2014 quasi ohne Unterbruch für DC. Mittlerweile sind’s schon über 600 Seiten.
Emu: Du stehst seit kurzer Zeit exklusiv bei DC Comics unter Vertrag und reihst dich damit in ein schon beinahe elitäres Roster aus Zeichnern und Autoren wie Andy Kubert, Dan Abnett, Jorge Jiménez oder auch James Tynion IV ein. Wie kam es zu diesem „Ritterschlag“ und was wird diese Entwicklung deiner Meinung nach für Auswirkungen auf deine kommende berufliche Tätigkeit als Zeichner und dein Leben haben?
Viktor: Ich glaube nicht, dass sich da viel ändern wird. Ich hab mich bei DC von Anfang an sehr wohl gefühlt. Die Konditionen sind jetzt vielleicht etwas besser und ich habe mehr Möglichkeiten, mit den Leuten zusammen zu arbeiten, die ich gut finde. Ansonsten mache ich das, was ich schon immer gemacht habe: Versuchen, die nächste Seite besser zu zeichnen als die letzte und eine gute Geschichte zu erzählen.
Emu: Du arbeitest von Berlin aus, wie kann man sich das Arbeiten auf solch eine große Distanz vorstellen, bekommst du vorab diverse Skripte und arbeitest sie dann über die darauffolgenden Wochen ab? Wie läuft der Kontakt mit den Autoren?
Viktor: Ja, ziemlich genau so. Die Kommunikation läuft per E-Mail und Skype. Man schickt mir das Script, ich schick ihnen die Seiten. Ab und zu bespricht man eine Szene oder ein Detail mit dem Autor oder dem Redakteur, aber ansonsten läuft der Traktor eigentlich von selbst, ums mal im landwirtschaftlichen Terminus auszudrücken.
Emu: Es ist schon ein klein wenig grotesk, dass du als quasi hier beheimateter Künstler erst durch die Arbeiten in den USA auch bei den heimischen Lesern und Fans größere Aufmerksamkeit erhältst. Hier bei Panini Comics liegt mittlerweile deine Arbeit zu „Batman: Arkham Knight“ vor und auch „Suicide Squad Most Wanted: Deadshot“ ist vergangenen Herbst erschienen. Wie hast du die Resonanzen hier in Europa auf die Veröffentlichungen wahrgenommen, warst bzw. bist du zufrieden?
Viktor: Ehrlich gesagt, ich hab keine Ahnung! Ich war nur an sehr wenigen Conventions, da ich so viel gearbeitet habe. Die Fans und Leute, die ich bislang getroffen habe, waren aber alle super nett und enthusiastisch und niemand hat mich mit Gemüse beworfen. Ansonsten lerne ich die deutsche Comicszene erst jetzt allmählich kennen. Kürzlich war ich auch in Frankreich.
Da ist gerade meine Deadshot-Serie erschienen, die ich schon vor einem Jahr gezeichnet habe. So ist das halt, wenn man für den amerikanischen Markt zeichnet. Das geht immer eine Weile, bis das Zeug auch hier ankommt. Auch in der Schweiz kannte mich bis vor Kurzem niemand. Jetzt war ich das erste Mal zu Gast an der Fantasy Comic Con in meiner Heimatstadt Basel. Sehr cool.
Emu: Zuletzt warst du an „New Super-Man“ beteiligt, was uns Deutschleser wohl frühstens Ende des Jahres, wohl aber eher Anfang 2018 erwarten dürfte. Kannst du uns kurz erläutern worum es bei der Serie geht?
Viktor: Es geht um Kenan Kong, einen etwas naiven Teenager aus Shanghai, der von einer staatlichen Geheimorganisation in einem Experiment zum chinesischen Superman gemacht wird und lernen muss, mit seinen Kräften und seinem Ego umzugehen. Sein Vater ist Teil einer Untergrundbewegung und Kenan gerät deshalb bald zwischen die Fronten. Eine ziemlich komische Superheldengeschichte mit vielen Wendungen und sogar einigen dramatischen Momenten. Wärmstens empfohlen.
Emu: Ich habe deine Sneak Peeks zu den Artworks auf Facebook verfolgt und muss gestehen, ich liebe die Serie bereits, bevor ich auch nur eine Seite dazu gelesen habe und würde jede Petition unterschreiben, um eine unkolorierte Director’s Cut Fassung dazu in die Finger zu kriegen. Deine an dich selbst gerichteten Maßstäbe scheinen verdammt hoch zu sein, legst du selbst Wert auf eine progressive Weiterentwicklung deines Artworks oder zeichnest du einfach drauf los?
Viktor: Man versucht immer besser zu werden, klar. Ich bin nie ganz zufrieden mit meinen Zeichnungen. Es gibt immer noch mehr zu lernen. Das ist ja das Schöne daran.
Emu: Bei den „New Super-Man“ Artworks, die ich bisher gesehen habe, warst du auch für die Inks (Tusche) zuständig und hast demnach mehr Arbeitsschritte übernommen, als für gewöhnlich üblich. Gibt es Arbeitsschritte beim Zeichnen, die du weniger gern machst als andere? Wenn ja, warum?
Viktor: Die Inks sind schon sehr zeitraubend bei mir. Vielleicht mach ich das deshalb etwas weniger gerne. Wenn man aber die Tuschezeichnungen selber macht, hat man mehr Kontrolle über das Endprodukt. Dafür lohnt sich der Aufwand.
Emu: Digital oder analog, wie zeichnest du lieber?
Viktor: Ich mag beides. Analog ist etwas entspannter, weil man nicht stundenlang auf einen Monitor starren muss.
Emu: Mit der exklusiven Verpflichtung für DC Comics ließ man auch die Bombe platzen, dass du künftig zusammen mit Altmeister Dan Jurgens an „Action Comics“ arbeiten wirst. Wie verlief das erste Zusammenarbeiten mit Dan und was können wir Leser von den ersten Storys erwarten?
Viktor: Dan Jurgens lässt ehrlich gesagt bis jetzt nicht viel von sich hören, haha. Ein paar kurze E-Mails, das war’s. Ansonsten macht jeder sein Ding. Die Scripts sind relativ offen, was Spaß macht. Ansonsten heißt ja die Serie „Action Comics“ und der Name ist da Programm. Es geht ziemlich zur Sache. Superman gegen Zod + jeder gegen jeden wie sich’s gehört.
Emu: Du wirst „Action Comics“ mit Ausgabe #983 übernehmen, die Serie wird in den Staaten zweimal monatlich veröffentlicht und wir nähern uns einem bisher unvergleichlichen Jubiläum. Wie fühlt es sich an, zu solch einem Zeitpunkt in diese historisch wohl bedeutendste aller Superhelden-Comic-Serien einzusteigen?
Viktor: Das Gefühl ist vergleichbar mit dem, was Doc Brown gefühlt haben muss, als er das Kabel genau in dem Moment verbunden hat, wo der Blitz in die Rathausuhr eingeschlagen ist und den DeLorean mit 1.21 Gigawatt auf 88 Meilen pro Stunde beschleunigt hat. Jeder will natürlich die magische Ausgabe 1000 zeichnen. Ich bin da bescheidener. Ich wär auch mit der 999 zufrieden. Ha!
Emu: Schaffst du es bei all der Arbeit selbst noch Comics zu lesen? Wenn ja, was liest du aktuell?
Viktor: Sehr wenig. Ich hab so viele Filme, Bücher und Comics auf meiner Liste und die wird immer länger, weil ich nie Zeit finde. „Alex + Ada“ hab ich zuletzt gelesen. Tolles Buch.
Emu: Die obligatorische Frage zum Schluss: dein persönlicher Lieblings-Comic?
Viktor: Unmöglich, nur einen zu nennen. „Uncanny X-Men“ #176 wo Cyclops ohne Brille mit der Riesenkrake kämpfen muss. Spider-Man - Die ganze Phase von Todd McFarlane bis Mark Bagley, Frank Miller’s Daredevil, Mike Zeck’s Punisher. DC möge mir die Ausrutscher verzeihen.
Emu: Viktor, ich danke dir für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte an unsere heimischen Leser gehören dir:
Viktor: Esst mal was Gesundes! So.
Viktor Bogdanović bei Panini Comics:
(Picture Copyright: DC Comics / Panini Comics / Viktor Bogdanović - Header Foto: F.A. Schaap)
Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.
Was für geile Bilder! Endlich kommen auch mal deutsche Zeichner nach oben! Ich wünsche ihm alles Gute!!
Hammer Interview. Der Mann hat wirklich was drauf. Super gemacht Emu! 🙂