Comic Review: Geschichten aus dem Hellboy-Universum Bd. 05 (Cross Cult)
Wir eingefleischten Hellboy-Lunatics konnten uns in den letzten Wochen kaum vor tollen Neuigkeiten und Publikationen retten. Da gab Hellboy-Regisseur Guillermo del Toro bekannt, Gespräche mit Hellboy-Schauspieler Ron Perlman und Hellboy-Schöpfer Mike Mignola über eine bei Fans mittlerweile lang ersehnte dritte Filmauskopplung anzustreben, da schiebt der Cross Cult Verlag einen Comic nach dem anderen in die Regale der Comic-Shops, wie bspw. das erste dicke Kompendium zum großen Roten oder auch das glorreiche Finale dessen.
Heute jedoch geht es um den neuen und mittlerweile fünften Band der „Geschichten aus dem Hellboy-Universum“ Sammlung, welche auch gut und gerne als Ziegelsteine oder Stopper für Brandschutztüren umfunktioniert werden könnten. Zum Glück ist der Inhalt meist viel zu kostbarer, als dass man meinem miserablen Wortwitz auch nur einen Funken Ernsthaftigkeit attestieren könnte.
Band Nr. 05 knackt mit seinen 656 Seiten nicht nur wieder die 600-Seitenmarke (das schaffte zuletzt Bd. 02), sondern stellt damit auch die bisher umfangreichste Hellboy-Publikation des Cross Cult Verlages dar. Ihr könnt euch vorstellen, ich habe eine Weile daran gelesen. Und das ist auch gut so, denn der Inhalt hat sich mal wieder mehr als gelohnt.
Neben der Weiterführung des zweiten Zyklus der B.U.A.P. „Hölle auf Erden“ wird uns diesmal mit „Satan riecht Lunte“ endlich wieder ein neues Kapitel von Lobster Johnson geliefert. Und als wäre es nix, debütiert mit „Im Dienst der Engel“ nun auch der Witchfinder mit seinem ersten von bisher vier Trades in Deutschland.
Witchfinder: Im Dienst der Engel
Und so schließt sich der Kreis. Findige Hellboy-Leser wissen, dass die Figur Sir Edward Grey bereits im zweiten Hellboy Paperback „Der Teufel erwacht“ Erwähnung fand und letztendlich in der Abe Sapien Story „Ertrinken“ (erschien in Geschichten aus dem Hellboy-Universum Bd. 01) in Erscheinung trat. Ein Charakter mit so viel Potential konnte jedoch nicht auf die lange Bank geschoben werden, weshalb Meister Mike alsbald auch hier etwas Zeit in Spin-off-Geschichten investierte.
Die erste komplette Mini-Serie „Im Dienst der Engel“ führt uns in das Jahr 1879 und erzählt von Edward Grey, der als Spezialagent der britischen Königin okkulte Fälle, meist recht grausamer Natur, untersucht und im Idealfall auch aufklärt. Eine Reihe schrecklicher Morde geschehen in London, wobei die Leichen meist in einem entsetzlichen Zustand zurückgelassen werden. Sir Edward nimmt sich der Verbrechen unter hämischen Blicken der überfragten Polizisten an und ahnt noch nicht, dass er damit in ein Wespennest voller finsterer Verschwörungen sticht, welche die Londoner Unterwelt beherrschen.
Geschrieben wurde die überraschend zurückhaltende Story, die sich viel um Charakterbildung ihres Protagonisten bemüht, von Mike Mignola allein. Die gewohnte Dialogstärke und ein schauriger, lovecraftscher Horror in viktorianischem Korsett sind die Stärke des Witchfinder Auftaktes, welcher definitiv auf mehr hoffen lässt. Illustriert wurde die Story von dem im Mignolaverse nicht unbekannten Ben Stenbeck, der nicht nur bereits die B.U.A.P. Story „Der ektoplasmische Mann“ und „Frankenstein Underground“ umsetzte, sondern auch Mignolas zurecht hochgelobte Arbeit an „Baltimore“, die bereits im Sommer 2015 bei Cross Cult erschien.
B.U.A.P. - Hölle auf Erden: Die Teufelsmaschine, Der Schrecken von Pickens County und Die Rückkehr des Meisters
Im Zentrum des Bandes stehen die nächsten drei Paperbacks aus dem zweiten Zyklus der B.U.A.P. „Hölle auf Erden“, welcher von Cross Cult in „Geschichten aus dem Hellboy-Universum“ Bd. 04 gestartet wurde.
Nachdem Abe Sapien niedergeschossen wurde, spürt Bürohengst Agent Devon die flüchtige, mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestattete Fenix auf und plant sie zurück ins B.U.A.P. Hauptquartier zu bringen. Doch der aktuelle Zyklus heißt nicht ohne Grund „Hölle auf Erden“, denn das Land wird immer mehr von Monstern heimgesucht, die nur aus finstersten Abgründen stammen können. Die anfänglich simple Rückreise erweist sich daher schnell als Höllentrip.
In „Der Schrecken von Pickens County“ versammeln sich insgesamt zwei Kurzgeschichten, die einen näheren Blick auf die aktuelle Entwicklung abseits der Haupthandlung werfen und aufzeigen, wie die Erde langsam im Chaos und Schrecken versinkt. So treffen Agenten der B.U.A.P. auf einen lange vergessenen Vampirclan im Hinterland der USA und verstricken sich dabei in eine scheinbar ausweglose Situation. „Die Verwandlung von J.H. O’Donnell“ zeigt hingegen, wie der gute O’Donnell bei einer Mission mit Hellboy, welche vorsah eine verlassene Bibliothek zu erkunden, auf mysteriöse Weise seinen Verstand verlor.
In „Die Rückkehr des Meisters“ greift Mignola weit zurückreichende Elemente der Hellboy-Mythologie auf und erweitert die Kontinuität seines Mignolaverse erheblich. Ein Wissenschaftler, der das Massaker in Russland überlebte (siehe „Geschichten aus dem Hellboy-Universum“ Bd. 04), baut einen finsteren Kult auf, der sich mit der Vernichtung der Welt beschäftigt, was die B.U.A.P. selbstredend schnell in Bewegung setzt. Währenddessen ist Fenix im B.U.A.P. Hauptquartier angekommen und versucht ihren Platz zu finden, wobei einige uns nicht ganz unbekannte Nazis an der Rückkehr eines der finstersten Gegner der B.U.A.P. arbeiten.
Lobster Johnson: Satan riecht Lunte
Der letzte Teil des Bandes beinhaltet eine Kurzgeschichtensammlung, die meinen persönlichen Lieblings-Hellboy-Nebencharakter in den Mittelpunkt rückt: Lobster Johnson.
Dieser muss sich hier in feinster Batman-Manier in den 1930er Jahren mit terroristischen Nazis herumschlagen, die einen Zeppelin als Bombe umfunktionieren wollen, von Dämonen befallenen Mafiosi weichklopfen lassen oder in Chinatown mit wild gewordenen Affen prügeln. Das Leben des hartgesottenen Vigilanten und Hüter der Gerechtigkeit ist demnach kein Stück leichter geworden.
Illustriert wird jede einzelne der durchweg klasse inszenierten Kurzgeschichten von Zeichnern wie Tonci Zonjic oder auch Joe Querio, wobei Mignola und Co-Autor John Arcudi vor allem Wert auf die Kürze der Geschichten legen und so gekonnt mit dem pulpigen Flair der Zeit spielen, in der die Geschichten handeln. Sie vermischen satten Crime-Noir mit dem okkulten Geheimnisvollen und lassen dabei den wortkargen Protagonisten so erbarmungslos wie heldenhaft erscheinen.
Als Hellboy-Leser fällt es wirklich schwer einen Grund zu finden, diese vollgepackte Collection nicht zu kaufen. Da man hier den bereits begonnenen zweiten B.U.A.P. Zyklus fortsetzt, ist die Sammlung nicht nur für Komplettisten interessant, die in jede finstere Ecke der mittlerweile recht komplexen Spin-off-Welt blicken wollen. Unbefangene Leser sollten dennoch vorher ihr Geld in den vierten Band der Reihe investieren, um zumindest den Anfang der aktuellen B.U.A.P. Reise mitzunehmen, da die Fortsetzung in diesem Band sonst etwas schwer verständlich erscheinen könnte.
In der Summe wird das Niveau der Reihe problemlos gehalten und so zeigt auch die fünfte Auskopplung der „Geschichten aus dem Hellboy-Universum“ ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis für extrem gute amerikanische Comic-Kunst.
Titel: Geschichten aus dem Hellboy-Universum Bd. 05
Verlag: Cross Cult
Format: Hardcover (lim. auf 1.222 Stück)
Vö-Datum: 13.12.2016
Originalausgaben:
Witchfinder: In the Service of Angels TPB
B.P.R.D. - Hell on Earth: The Devil’s Engine TPB
B.P.R.D. - Hell on Earth: The Pickens County Horror
B.P.R.D. - Hell on Earth: The Transformation of J.H. O’Donnell
B.P.R.D. - Hell on Earth: The Return of the Master TPB
Lobster Johnson: Satan Smells a Rat TPB
Seitenzahl: 656
Autor: Mike Mignola, John Arcudi & Scott Allie
Zeichner: Ben Stenbeck, Tyler Crook, Jason Latour u.a.
Preis: 50,00 €(Cover Copyright: Cross Cult)
Passionierter Fanboy & Comic-Nerd. Ist seit vielen Jahren im Netz als Blogger unterwegs und fungiert als Betreiber und Autor von bizzaroworldcomics.de.
Zudem wirkt er als Autor für Fachmagazine wie Comic.de und stellt 1/3 Sprechblase bei POW! - Ein ComicPodcast. Er lebt mit seiner Frau und seinen Kindern im Harz.