Comic Review: Rover Red Charlie (Panini Comics)

  • Beitrags-Autor:
Comic Review: Rover Red Charlie (Panini Comics)

Comic Review: Rover Red Charlie

Ihr kennt diese Memes: „What the fuck did I just read?“? So ungefähr erging es mir, nachdem ich dieses seltsame Buch zuklappte.
Vorgeschichte: Ich stand vor meinem haushohen Zu-Lesen-Stapel und wollte mir eine Kleinigkeit zum Schmökern aus der mittlerweile Schatten werfenden Ansammlung von Comics suchen. Ich habe keine Ahnung warum es dann „Rover Red Charlie“ wurde. Neugier? Unachtsamkeit? Egal, das Einzige was dann noch zählte, war dieses Buch.

Rover Red Charlie“ ist der neuste Comic-Output von Skandalautor Garth Ennis („Preacher“, „Crossed“), welches in den Staaten über Avatar Press erschien. Richtig, der Verlag zu dem die großen Jungs spielen gehen, wenn sie mal wieder tolle eigene Comics auf den Markt werfen wollen („Providence“, „Crossed“, „The Goon“). Diese Kombination - Ennis + Avatar Press - wird sicherlich mein Trigger-Moment an besagtem Nachmittag gewesen sein.
Der „Ennisher“ und ich haben eine eher ambivalente Beziehung. Nicht, dass er mich kennen würde, aber es ist so. Manchmal will ich mir selbst den Schädel mit seinen Büchern einschlagen („Dicks“)... und manchmal dringt er mir so tief ins Mark, dass ich sie mir vergolden lassen möchte („Preacher“, „Hellblazer“). Nach „Rover Red Charlie“ darf der unflätige Ire nun gern bei mir einziehen, denn mit einer seiner bisher besten Arbeiten, hat er sich einen Platz in meinem Herzen verdient.

Comic-Review_Rover-Red-Charlie_Panini_02
(Copyright: Avatar Press)

Red“, „Charlie“ und „Rover“ sind drei Hunde, die die Apokalypse erleben. Menschen fangen aus unerklärlichen Gründen an sich gegenseitig oder selbst zu töten. Sie springen von Häusern, werfen sich vor U-Bahnen oder stecken sich selbst in Brand.
Die Hunde können das nicht verstehen, „was tun die Fütterer da nur?“. Als dann schlußendlich der letzte Mensch dem selbst zugefügten Gewaltakt erlag, sind die drei Freunde herrenlos und auf sich gestellt. Ein Leben ohne „Fütterer“. Ideen müssen her, selbstständig müssen sie werden, überleben müssen sie. Also suchen sie ihr Glück... jenseits vom „großen Platsch“ kann es kaum schlimmer sein. Und so machen sich die Freunde auf den Weg, in das Abenteuer, das von nun an ihr Leben bestimmen soll.

Endzeitartige Umstände in Form einer Tierparabel? Leser die nun einen lauen Aufguss von Brian K. Vaughans „Die Löwen von Bagdad“ erwarten, könnten falscher kaum liegen. Wir sprechen hier schließlich von Garth Ennis, demnach kommt Pathos - sofern überhaupt - mit der Eisenfaust, direkt ins Gesicht. Aber darum soll es in diesem Comic überhaupt nicht gehen. Viele Autoren haben bereits versucht das Ende der Welt, und der Menschen im Spezielleren, im Comic zu veranschaulichen. Doch blieben die Protagonisten dennoch meist Menschen. Garth Ennis geht in „Rover Red Charlie“ darüber hinaus und besiegelt unser jämmerliches Dasein endgültig, wobei er Figuren ins Zentrum seiner Handlung rückt, die für solch eine Geschichte kaum untypischer sein könnten.

Comic-Review_Rover-Red-Charlie_Panini_03
(Copyright: Avatar Press)

Die Vermenschlichung der Protagonisten in dieser Parabel folgt dem Credo: „nur so viel wie nötig“, so dass selbst die Sprachführung der Dialoge stets die Tierfigur verdeutlicht („Ich bin ein Hund! Ich bin ein Hund!“). Ennis unterstreicht damit immer wieder die Umstände für seine Protagonisten, die nicht wissen, warum ihre „Fütterer“ auf einmal alle fort sind - die Leserinnen und Leser übrigens auch nicht - und sie überhaupt nicht begreifen können, in welchen Dimensionen sich die Welt vor ihnen gerade auszubreiten scheint.
Dabei versäumt Ennis es natürlich nicht seine grotesken und schräg-humoristischen Eigenheiten in den Plot einzubauen, um die Leserinnen und Leser immer wieder an der Grenze zwischen extrem schwarzem Humor und Abartigkeit entlang zu balancieren. Äußerst gekonnt, versteht sich.

Illustriert wird der aberwitzige Trip von Michael DiPascale, den man zuvor bereits an Comics wie „Crossed Badlands“ oder „War Goddess“ arbeiten sah. Sein leicht cartoon-esquer Stil und die sepia-angehauchten Farben lassen diese dramatische Geschichte gelegentlich wie eine recht realistische Familiengeschichte wirken. Welch trügerischer Eindruck und demnach perfekt geeignet für diese Geschichte.
Mit „Rover Red Charlie“ hat Garth Ennis einen totalen Überraschungs-Hit abgeliefert, in dem gänzlich der Plot fokussiert wird und Gewalt tatsächlich nur ein Stilmittel ist... recht ungewöhnlich für Ennis. Mit atemberaubend gut charakterisierten Figuren, einer mitreißenden Geschichte in tollen Bildern, legt „Rover Red Charlie“ die Messlatte für andere Comics in diesem Monat verdammt hoch. Wer dieses Buch nicht liest, ist selbst schuld.

Comic Review_Star Wars_Lando_Cover

4,5-Sterne

Titel: Rover Red Charlie
Verlag: Panini Comics
Format: Softcover / auf 222 St. lim. Hardcover
Vö-Datum: 24.05.2016
Originalausgaben: US Rover Red Charlie #01-06
Seitenzahl: 164
Autor: Garth Ennis
Zeichner: Michael DiPascale
Preis: 19,99 € / 39,99 €

(Cover Copyright: Panini Comics)

Subscribe
Benachrichtige mich zu:
guest
3 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments
Alex
Alex
10. Juni 2016 9:14

Das ist mal ein text! 😀 😀